Peter Sloterdijk, einst auch „Fernsehphilosoph“ im ZDF, schrieb das Buch „Du mußt dein Leben ändern“. Mit diesem Titel eröffnet sich sofort die Frage: Warum und mit welchem Ziel?
Selbstverständlich kommen Sloterdijks Überlegungen nicht seinem philosophischen Mentor Friedrich Nietzsche vorbei, der vom Übermenschen schwärmte, zu dem der normale Mensch streben sollte.
Nietzsche nennt zahlreiche Rezepte und Beschreibungen, wie seine Schüler sich zu Übermenschen entwickeln können; eine kunstfertige Artistik des Strebens nach Verbesserung sei dazu notwendig, aber dann fiel ihm seine „Gott ist tot“ – Propaganda ein, und Nietzsche erkannte sein Problem, dass das Seil oder die Leiter „oben“ keinen Halt haben, an dem das Seil geknüpft oder die Leiter angelehnt sein muss.
Was ist „oben“, wenn es nur Materie gibt, eine flache Erde sozusagen? Nietzsche rettete sich, bzw. seine Philosophie, indem er die „wissenschaftliche“ Evolutionstheorie bemühte. Nach dieser Theorie baut sich die flache Erde sozusagen aus sich heraus (Mutation und Selektion) diese Leiter, quasi als Stehleiter, als selbststehende Leiter, die oben keinen Halt braucht.
Hätte er die Feinheiten der Evolutionstheorie gekannt, hätte Nietzsche erkannt, dass dieses irdische „Oben“ nicht mehr, als ein Berg oder ein Hügel ist; es bleibt weiterhin das Fehlen der „vertikalen Spannung“ zu konstatieren, die den Menschen motiviert, sich zum Übermenschen zu entwickeln, denn die Evolutionstheorie kennt keine Vertikale, kein „Oben“, kein Besser, kein qualitatives „Höher“. Ein Regenwurm ist nicht weniger ein „Sieger“ des Kampfes ums Überleben, als ein Mensch, im Gegenteil: Nach einer großen Katastrophe wird eher der Regenwurm überleben, als der Mensch.
Was Nietzsche fehlte, fand Sloterdijk in der Bibel in Gestalt der Jakobsleiter (1. Mose 28). Jakob träume von einer Leiter, die von der Erde in den Himmel ragte. Oben an der Leiter hielt Gott das Leiterende fest, und an dieser Leiter stiegen Engel auf und ab, die als Gottes Boten die Verbindung zu den Menschen herstellten.
Als Jakob erwachte, baute er an genau jener Stelle seines Nachtlagers einen Tempel, und der Stein, der ihm als Kopflager gedient hatte, wurde der Grundstein dieses Tempels. Sloterdijk schrieb dazu ganz richtig, dass Jakobs Weg nicht länger in der „Horizontalen“ verlief, also auf der Erde, sondern in die Vertikale, zu Gott, führte.
Jakob hatte sein Leben wirklich geändert.
Nietzsches Weg zum Übermenschen war ein illusionärer Weg, vorgegaukelt von einer falschen pseudowissenschaftlichen Theorie eines falschen „Oben“. Ich kann mir vorstellen, dass es genau dieser Irrweg war, an dem Nietzsche wahnsinnig wurde.
Aber Jakobs Weg nach „oben“ – zu Gott in die Höheren Dimensionen des Himmels – war der richtige, und in diese Richtung muss der Weg weisen, wenn der Imperativ „Du musst dein Leben ändern!“ erfolgreich sein soll.
Dieses hier erklärte Wissen kann zur Einsicht führen, dass es zweierlei Menschentypen gibt:
Der Typ, der wie das Tier in der „flachen Welt“, der 3-d-Welt, lebt, ohne Leiter ins „höherdimensionale“ Himmelreich, in eine bessere Welt, zu finden, ohne Möglichkeit, das Leben zum qualitativ Guten ändern zu können – es sei denn, er findet den Punkt* im Himmel, an den er seine Leiter anlehnen kann, und …
der Typ, der in seiner Seele diese „innere Spannung“ fühlt, die ihn motiviert, nach dem wahren „Oben“ zu streben.
*Dieser Punkt taucht auch in Umberto Ecos Buch „Das Foucaultsche Pendel“ auf. Die Welt und das Pendel entsprechen der flachen Welt, die flach ist in Hinsicht der Tatsache, dass alle Punkte gleichweit weg sind von Gott. Nur der Punkt, an dem das Pendel aufgehängt ist, ist nicht von dieser Welt! Alles in der Welt bewegt sich („Karma!“), aber der Aufhängepunkt bewegt sich nicht, denn er befindet sich an dem Ort der Ruhe Gottes: des wahren Bewusstseins.
(Ein Punkt ist dimensionslos, also außerhalb des Raumes, außerhalb des Universums. Er symbolisiert den GEIST, der ebenfalls ohne Raum ist.)
in Arbeit