(vorher evtl Konstruktivismus1.html lesen)
8.10.2002
1. Geschichtliches
Im Jahre 1970 veröffentlichte der chilenische Physiologie-Professor Humberto R. Maturana einen Forschungsbericht, in welchem er einen „genialischen Welt- und Seinsentwurf“ (G. Roth) vorstellte, der später als ‚Konstruktivismus‘ oder ‚Radikaler Konstruktivismus‘ in die internationale Diskussion und Philosophiegeschichte eingegangen ist. In den Jahren nach dieser Veröffentlichung haben sich die von der Kybernetik zweiter Ordnung beeinflußten Ideen Maturanas, die von anderen Denkern, z.B. von Varela, von Foerster, von Glaserfeld u.v.a.m. aufgegriffen und weitergeführt wurden, als äußerst fruchtbar erwiesen. Dabei erwies sich der Konstruktivismus als empirisch fundierte Alternative zum neuzeitlichen Wissenschaftspositivismus, z.B. dem Kritischen Realismus, und wurde auch von Hirnforschern, z.B dem Neurobiologen Gerhard Roth, als Grundlage für seine Forschungen aufgegriffen.
In den folgenden Kapiteln werde ich die Idee des Konstruktivismus am Leitfaden zweier Aufsätze Roths, die im Buch ‚Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus‘ 1 aufgeführt sind, entwickeln.
2. Konstruktivismus als Folge eines Perspektivwechsels
Gerhard Roth beginnt seine Untersuchungen mit der Schilderung des Welterlebens aus Sicht des ‚kritischen Realismus‘ (hierunter fällt z.B. die Philosophie Karl Poppers):
„Die alltägliche sinnliche Erfahrung erweckt in uns den Eindruck, daß unser Wahrnehmungssystem in direktem Kontakt mit der Welt steht: die visuelle Welt ist uns im wahrsten Sinn des Wortes unmittelbar augenscheinlich gegeben, die Laute dringen unvermittelt an unser Ohr, und wir betasten und begreifen die Gegenstände in unserer Reichweite unmittelbar als Gegenstände. Wir empfinden zwischen der sinnlich erfahrbaren Welt und uns nichts Vermittelndes, wir müssen nichts von ihr indirekt erschließen und erahnen. Die unmittelbare Gegebenheit der sinnlichen Welt ist sprichwörtlich, und sie wird von den meisten Philosophen und Wahrnehmungstheoretikern in charakteristischem ontologischen Gegensatz zur Welt der Meinungen, Hypothesen und Theorien über sinnlich Erfahrenes gesehen. (im Original Seite 229)
… All dies unterstützt stark den erkenntnistheoretischen Standpunkt des kritischen Realismus: unsere Sinnesorgane bilden die Welt ab, so gut sie eben können, d.h. im Rahmen des physikalisch und physiologisch Möglichen und evolutiv Bewährten. Sie sind die Tore des Gehirns zur Welt; durch sie strömt die jeweils spezifisch benötigte Information ins Gehirn ein und wird von diesem zur adäquaten Wahrnehmung, z.T. unter Zuhilfenahme angeborener und erworbener Gestaltungsmuster, zusammengefügt. …“ (231)
„Eine ganz andere Perspektive als die soeben aufgezeigte tut sich auf, wenn man das Wahrnehmungsproblem nicht vom Standpunkt der Sinnesorgane, sondern vom Standpunkt des Gehirns sieht. 2 Die Sinnesorgane … werden zwar … von Umweltreizen aktiviert; … die neuronale Erregung jedoch, die aufgrund der sensorischen Reizung in den Sinnesorganen entsteht und zum Gehirn weitergeleitet wird, ist als solche unspezifisch. Man kann einer Nervenimpulssalve … nicht ansehen, ob sie z.B. durch visuelle, akustische, geruchliche Erregung hervorgebracht wurde … Die spezifische Modalität der Sinnesorgane, auf der unsere Sinneswelt zu beruhen scheint, ist ‚hinter‘ den Sinnesorganen offenbar verschwunden. Die Sinnesorgane übersetzen die ungeheure Vielfalt der Welt in die ‚Einheitssprache‘ der bioelektrischen Ereignisse (Nervenpotentiale), denn nur diese Sprache kann das Gehirn verstehen. … Man kann leicht einsehen, daß diese Übersetzung in die neuronale ‚Einheitssprache‘ etwas für die Funktion von Nervensystemen Unabdingbares ist, denn wie könnten sonst im Dienste der sensorischen Verhaltenssteuerung Auge und Muskeln, aber auch Auge und Ohr, Gedächtnis und Geruch miteinander kommunizieren…“ (232)
Bei diesem Übersetzungsprozeß aber geht das ‚Original‘ verloren. Die ‚Sprache‘ des Nervensystems selbst ist bedeutungsneutral (oder wie H. von Foerster drastisch zu sagen pflegt: “klick‘, ‚klick‘ ist das Vokabular der Nervensprache‘). Weil aber im Gehirn der signalverarbeitende und der bedeutungserzeugende Teil eins sind, können die Signale nur das bedeuten, was entsprechende Gehirnteile ihnen an Bedeutung zuweisen: ‚Wahrnehmung ist Interpretation, ist Bedeutungszuweisung‘ 3 (14).
„Bei der Bedeutungszuweisung operiert das Gehirn auf der Grundlage früherer interner Erfahrung und stammesgeschichtlicher Festlegungen: erst dann wird ein Wahrnehmungsinhalt bewußt. Das heißt aber, bewußt wird nur das, was bereits gestaltet und geprägt ist. Aufgrund dieser Arbeitsweise ist das Gehirn gar nicht in der Lage, Wirklichkeit als solche abzubilden oder zu repräsentieren: Es gibt kein Urbild. Das Gehirn ‚… kann nur (für sich und in sich selbst) präsentieren, es kann nur konstruieren‘. – Da das Gehirn keinen direkten Zugang zur Welt hat, ist es als Teil des Nervensystems kognitiv und semantisch abgeschlossen. Es ist … selbstreferentiell und selbstexplikativ.
… Alle Bewertungs- und Deutungskriterien muß das Gehirn aus sich selbst entwickeln. Dabei erweist sich in evolutionstheoretischer Sicht die Unspezifität der Nervenimpulse als Vorteil; denn ‚… ihre freie Deutbarkeit und Übersetzbarkeit macht überhaupt erst eine Kommunikation der Sinnesempfindungen und eine Überführung von Wahrnehmung in Aktion möglich‘. Ein umweltoffenes Gehirn dagegen wäre als Reflexsystem fremdgesteuert, heterogen und nie in der Lage, komplexe Umwelten zu bewältigen. Bei dieser Bewältigung, die einen hohen neuronalen Aufwand voraussetzt, spielen frühere sensomotorische Erfahrungen und damit verknüpfte Bewertungsprozesse eine entscheidende Rolle. Darum ist, wie Roth pointiert feststellt, unser Gedächtnis ‚unser wichtigstes Sinnesorgan‘.“ 3 (15/16)
„Erkenntnistheoretisch bedeutsam ist die von Roth u.a. getroffene Unterscheidung zwischen realem Gehirn und kognitiver Welt: ‚Der reale Organismus besitzt ein Gehirn, das eine kognitive Welt erzeugt, eine Wirklichkeit, die aus Welt, Körper und Subjekt besteht, und zwar in der Weise, daß dieses Subjekt sich diese Welt und diesen Körper zuordnet. Dieses kognitive Subjekt ist natürlich nicht der Schöpfer der kognitiven Welt, dieser Schöpfer ist das reale Gehirn, es ist vielmehr eine Art ‚Objekt‘ der Wahrnehmung, es erfährt und erleidet Wahrnehmung. Das reale Gehirn ist in der kognitiven Welt ebensowenig gegeben, wie die Realität selbst und der reale Organismus‘.
Schon Gestaltpsychologen … haben darauf hingewiesen, daß die kognitive Welt in sich abgeschlossen ist … Nur innerhalb der kognitiven Welt gibt es Innen und Außen, Raum und Zeit. Die kognitive Welt ist die räumliche und zeitliche Wirklichkeit des kognitiven Subjekts. Kognitive Raum-Zeit-Begriffe sind nicht auf die reale Welt anwendbar, die eine notwendige kognitive Idee, aber keine erfahrbare Wirklichkeit ist. Das reale Gehirn muß seine Existenz und seine Eigenschaften aufgrund innerer Erregungszustände erschließen: ‚Wir können Wahrnehmungen nicht selbst wahrnehmen, wir sind Wahrnehmungen. Wahrnehmung ist die Selbstbeschreibung des Gehirns‘.“ (15, 16)
„Wir können … folgern, daß der Ort im Gehirn, an dem eine neuronale Erregung eintrifft und weiterverarbeitet wird, die Modalität der Sinnesempfindung (Sehen, Hören etc.), aber auch ihre Qualität (bestimmte Farbe, bestimmter Klang und Geschmack) bestimmt und daß die Impulsfrequenz meist nur die Intensität der Empfindung bestimmt.“ (233)
“ … alles, was an neuronalen Impulsen in den Hinterhauptskortex gelangt, ist ein Seheindruck, und was in bestimmten Regionen des Hinterhauptskortex verarbeitet wird, ist eine bestimmte Farbe, völlig unabhängig von der tatsächlichen Abkunft des Signals. Das Gehirn arbeitet also nach einem rigorosen topologischen Prinzip…“ (234)
„All dies führt zu der merkwürdigen Feststellung, daß das Gehirn, anstatt weltoffen zu sein, ein kognitiv in sich abgeschlossenes System ist, das nach eigenentwickelten Kriterien neuronale Signale deutet und bewertet, von deren wahrer Herkunft und Bedeutung es nichts absolut Verläßliches weiß. Die für den gesunden Menschenverstand ungerechtfertigte Skepsis gegenüber der Leistungsfähigkeit der Sinnesorgane erscheint damit auf die Spitze getrieben, denn die von uns erlebte sinnliche Welt ist demnach nur ein Konstrukt des Gehirns, wenn auch keineswegs ein willkürliches Konstrukt.“ (235)
„Die Gesamtheit unserer kognitiven Welt läßt sich in drei große Bereiche teilen: einen ersten Bereich, dem alle Dinge und Prozesse der sogenannten Umwelt angehören, die wir also als ‚Dingwelt‘ erfahren; einen zweiten Bereich, zu dem unser Körper und alle ihm verbundenen Erfahrungen gehören, die wir also ‚Körperwelt‘ nennen können; und einen dritten Bereich, in dem alle unsere unkörperlichen Zustände und Erlebnisse existieren, also Gefühle, Vorstellungen, Gedanken.“ (236)
„Das Gehirn erschafft also eine kognitive Umwelt und einen kognitiven Körper sozusagen per exclusionem (Ausschluß): alles, was nicht Körper ist, ist Umwelt, und umgekehrt; oder: alles, was nicht ‚drinnen‘ ist, ist ‚draußen‘. Diese Grenze zwischen kognitivem Körper und kognitiver Umwelt innerhalb der kognitiven Gesamtwelt ist eine unmittelbare, denn die Vermittlung zwischen Welt und Gehirn durch die Sinnesorgane, die in der materiellen, ‚realen‘ Welt des Organismus existiert, existiert natürlich innerhalb der kognitiven Welt, der ‚Wirklichkeit‘ unseres Gehirns, nicht. Beide Bereiche werden vom Gehirn sozusagen direkt nebeneinandergestellt. Deshalb erleben wir die Dinge und Prozesse unserer Umwelt in der Tat als unmittelbar, denn die Bereiche der Dingwelt und der Körperwelt haben als vom Gehirn konstituierte denselben ontologischen (nämlich kognitiven) Status. So scheint es, als blickten wir durch unsere Augen direkt auf die Welt, insbesondere da wir ja unsere Augenhöhlen schattenhaft mitsehen. Wir haben nicht das Erlebnis, daß es zwischen uns und der Welt irgendeine vermittelnde Instanz gibt.
Es ist deshalb auch sehr irreführend, wenn von vielen Wahrnehmungstheoretikern gesagt wird, die von uns sinnlich erfahrene Welt sei in Wirklichkeit in unserem Kopf bzw. Gehirn. Diese Feststellung führt dann auch zu Spekulationen darüber, wie denn unsere Wahrnehmungen, die doch ‚da drinnen‘ entstehen, ’nach außen‘ kommen. Diese häufig gestellte Frage verkennt, daß das ‚draußen‘, das wir wahrnehmen, ein kognitives ‚draußen‘ ist, welches nicht mit dem ‚draußen‘ der normalen Welt, in der unser Organismus lebt, verwechselt werden darf. Das Gehirn erzeugt bei der Konstruktion der kognitiven Welt, wie oben dargestellt, zugleich ein ‚drinnen‘ und ‚draußen‘, die aufeinander bezogen sind. Abstrakt gesprochen werden von vielen Theoretikern zwei ontologisch völlig unterschiedliche Welten, die (im physikalisch weitesten Sinne) materielle, reale Welt des Organismus und die Kognitive, ‚wirkliche‘ Welt, miteinander in Beziehung gesetzt, die (wahrscheinlich) kausal, aber nicht räumlich verknüpft sind. Das Gehirn, das mir zugänglich ist, … existiert ja innerhalb meines kognitiven Raumes und ist natürlich nicht mit dem realen Gehirn identisch, das den kognitiven Raum erst konstituiert. Was ich, auf dem Operationstisch liegend, auf dem Monitor oder in einem Spiegel dargestellt sehe, halte ich natürlich in diesem Augenblick für das offengelegte Gehirn, das ‚das alles‘, was ich erlebe, erzeugt. Wäre dies aber so, dann hätte ich eine paradoxe Situation vor mir: ich könnte zugleich in mir und außer mir sein. Oder anders ausgedrückt: mein Gehirn könnte sich selbst von außen ansehen dadurch, daß es sich eine Welt erzeugt, in der es selbst identisch enthalten ist. Dies aber führte sofort zur unendlichen Spiegelung des Gehirns in sich selbst. Die Auflösung dieser Paradoxien besteht aber darin, daß das Gehirn, welches wahrgenommen wird, ein kognitives Konstrukt des wahrnehmenden , d. h. konstruierenden Gehirns, ist und als solches selbst nicht mehr wahrnehmen kann.
Die genauere Bestimmung der ‚räumlichen‘ Beziehung zwischen realer und kognitiver, ‚wirklicher‘ Welt ist deshalb so schwierig, weil der Begriff des Raumes natürlich selbst ein kognitiver ist. … Die Gültigkeit der allgemeinen Relativitätstheorie wird nicht in der realen Welt, sondern in der – uns allein zugänglichen – sinnlich – kognitiven Welt nachgewiesen, z.B. durch astronomische Beobachtungen, und das Eintreffen bestimmter Annahmen beweist nur die Konsistenz der theoretischen Annahmen mit unseren Beobachtungen.
Wir können deshalb weder den alltäglichen noch den physikalischen Raumbegriff auf die Beziehungen zwischen kognitiver und realer Welt anwenden, da beide Welten einen grundsätzlich verschiedenen ontologischen Status haben. Es hat deshalb keinen Sinn zu sagen, daß die kognitive Welt in der realen Welt existiert, denn das würde ja eine beide Welten umfassende Geometrie, eine Geometrie des ‚Hyperraumes‘ voraussetzen.“ (238/239)
„Der Gehirn – interne Gewinn von Kenntnissen über die Umwelt wird durch … Konsistenzprüfung … (hergestellt). Wichtig ist dabei zu berücksichtigen, daß das reale Gehirn individuelle Wirklichkeit nur unter spezifischen sozialen Bedingungen entwickeln kann: ‚In diesem Sinne ist die von unserem Gehirn konstituierte Wirklichkeit eine soziale Wirklichkeit und keine Monade im Leibnizschen Sinne, obwohl sie in der Tat kein Fenster nach draußen hat.“ (16f)
Den letzten Halbsatz verstehe ich so, daß das reale Gehirn ausschließlich Veränderung an (in) sich selbst feststellt. Um sich diese Veränderung zu erklären, postuliert es eine Außenwelt (Raum, Zeit und Materie) im Gegensatz zu sich selbst als Innenwelt (Körper samt Gehirn). In diese konstruierte plausible Außenwelt positioniert es die Herkunft einer wirkenden Kraft, die die Veränderung hervorgerufen haben mag. Demnach sind die Fenster keine wahren Tore zur Umwelt, sondern bloß plausible, symbolische Darstellung von in Wirklichkeit internen Veränderungen. Das Fettgedruckte unten ist hier etwas ausführlicher:
„Unter ‚Wahrnehmung ‚ versteht Powers 5 nicht eine ‚… Aufnahme oder Wiedergabe von Informationen, die von außen hereinkommt, sondern (…) die Konstruktion von Invarianten, mit deren Hilfe der Organismus seine Erfahrungen assimilieren und organisieren kann‘ … Invariantenbildung setzt ein Modell des Funktionierens unseres Gehirns voraus, das auf negativen Rückkopplungssystemen basiert, die hierarchisch organisiert sind. Diese Invarianten, die Piagets ‚operativen Schemata‘ vergleichbar sind, geben unseren Vorstellungen ihre offensichtliche Stabilität und Dauer, aber sie wirken auch als begrenzende Bedingungen für jede weitere Konstruktion.
In dem hierarchischen Ebenensystem der Konstruktion werden zunehmend komplexere Größen hergestellt: Objekte, Programme, Prinzipien, Systeme, Theorien, Modelle. Als obersten Bezugswert, der alle Operationen auf den verschiedenen Ebenen steuert, vermutet Powers ein inneres Prinzip wie ‚Selbstverwirklichung‘.
Wichtig für die philosophische Frage nach dem Verhältnis von Theorie und Beobachtung ist Powers` Annahme, daß die Organisationsprinzipien der jeweils höheren Ebene die Definitionskriterien für das abgeben, was als Datum oder Evidenz gilt. Die Spitze der Systemhierarchie kontrolliert demnach, was wahrgenommen wird, und zwar auf allen hierarchischen Stufen. 4 Das aber bedeutet: Es gibt keine Ebene organisationsfreier unmittelbarer Wahrnehmung. Anders akzentuiert: Als Organismus haben wir keinen kognitiven Zugang zu unserer Umwelt, sondern nur als Beobachter. Und noch einmal anders pointiert: ‚Es gibt keine Trennung von Wahrnehmung und Interpretation. Der Akt des Wahrnehmens ist der Akt der Interpretation‘. … Welt ist Welt, wie wir sie sehen, sie ist Erfahrungswirklichkeit. … Dabei spielt das Konzept des Beobachters eine zentrale Rolle. Maturana hat dieses Konzept bei der Unterscheidung zwischen System und Beobachter eingesetzt. Ein System, das in der Lage ist, mit seinen internen Zuständen zu interagieren, und von diesen Interaktionen Repräsentationen (sog. Beschreibungen) zu erzeugen, operiert als Beobachter und kann Konstrukte des Systems und seiner Umwelt kognitiv erzeugen. Jede Erklärung der Kognition muß eine Erklärung des Beobachters und seiner Rolle enthalten. Erst für den Beobachter wird etwas, das er beschreiben kann, zu einem Gegenstand, den er von anderen unterscheiden kann. Jede Beobachtung schließt also notwendig den Beobachter ein: Er ist die letztmögliche Bezugsgröße für jede Beschreibung.“ 5 (17 – 19)
Ich deute die Zitate dieses Kapitels so, daß es für ein reales Gehirn zwar keine Außenwelt im Sinne von ‚räumlich außen‘ gibt, da Raum ein Konstrukt ist; wohl aber ein hierarchisch geordnetes strukturelles ‚Außen‘, das Störungen im ansonsten geschlossenen kognitiven System hervorrufen kann. Die sogenannte ‚objektive Außenwelt‘ wäre dann zwar weiterhin ein vollständiges Eigenprodukt des realen Gehirns; sie wäre es aber ebenso vollständig nach externen Maßgaben. Eine rein objektive Welt wäre dann eine maximal fremdbestimmte Welt, rekonstruiert ausschließlich aus den gegenseitigen Störungen aller Subjekte. Ich beobachte, indem ich mich körperlich in eine materielle Außenwelt stelle. Ich beobachte die Welt und bin leiblich ein Teil von ihr.
Roth stellt und beantwortet nun die Frage nach der Unmittelbarkeit der Sinneserfahrung und nach der Verläßlichkeit der intern generierten kognitiven Welt.
„Die erste der oben gestellten Fragen läßt sich also dahingehend beantworten, daß die Unmittelbarkeit der Sinneserfahrung, die von vielen Philosophen als Basis unserer Welterkenntnis und von vielen Hirnphysiologen als völliges Rätsel angesehen wird, selbst ein Konstrukt des Gehirns ist, indem es die (kognitive) sinnliche Welt unmittelbar von der (kognitiven) Körperwelt und der ‚mentalen‘ Welt abgrenzt. Diese Bereiche stoßen – bildlich gesprochen – direkt aneinander. Die Ansicht, das Gehirn sei ein gegenüber den Umweltereignissen offenes System, beruht darauf, daß die unmittelbare sinnliche Welterfahrung nicht als ein solches Konstrukt begriffen wird.
Nun zur zweiten Frage, nämlich nach der Verläßlichkeit der Funktion dieser intern generierten kognitiven Welt. Das Gehirn läßt sich als ein funktional und semantisch selbstreferentielles oder selbst-explikatives System auffassen. Unter funktionaler Selbstreferentialität eines Systems verstehe ich die Eigenschaft, mit den eigenen Zuständen rekursiv oder zirkulär zu interagieren, so daß jeder Zustand aus der Interaktion früherer Zustände resultiert. Selbstreferentielle Systeme sind in ihren Zustandssequenzen selbstbestimmt oder autonom. Ihre Zustandssequenzen sind nicht von außen steuerbar (wg. fehlender Umweltoffenheit. Heyer). Wichtig ist, daß Selbstreferentialität nicht Isoliertheit bedeutet: selbstreferentielle Systeme sind i. a. R. durchaus von außen beeinflußbar oder modulierbar. Die Wirkungen dieses Einflusses, seine Quantität und Qualität, sind aber vollständig durch das selbstreferentielle System bestimmt. D. h. ob ein externes Ereignis überhaupt auf das System einwirken kann und, wenn ja, in welcher Weise und Stärke, legt das System fest.“ (240/241)
Dann stellt Roth die Frage: „Wie kann aber … ein derart selbstreferentielles und selbst-explikatives System überlebensfördernde Kenntnis über die Umwelt erlangen, in der sein Organismus und es selbst überleben müssen?“ (241)
Roth fand drei Möglichkeiten:
1. Die Evolution hat eine Grobverdrahtung des Gehirns bewirkt, die das Überleben sichert.
2. Die parallele Konsistenzprüfung. Das Gehirn vergleicht die Informationen der unterschiedlichen Sinnesorgane und setzt aus ihnen eine plausible Welt zusammen. Abweichungen werden aus der Wahrnehmung herausgefiltert.
3. Die konsekutive Konsistenzprüfung: Prüfung der Sinneswahrnehmungen an den gespeicherten Erinnerungen.
Das Gehirn sei hier unglaublich flexibel (Dies begreiflich zu machen, ist der Sinn meiner ganzen Arbeit. Heyer); Widersprüche werden ausgeblendet oder geglättet. An Experimenten konnte gezeigt werden, daß das Gehirn beispielsweise über die räumliche Orientierung der visuellen Welt frei verfügen kann, um eine intern konsistente Wahrnehmung zu erlangen.
„Warum aber, so müssen wir fragen, ist das Gehirn überhaupt ein selbstreferentielles System. Warum verschafft es sich nicht direkten Zugang zur Welt? Dann wären alle Probleme der Überprüfbarkeit gelöst.“ (245) Roths Antwort: „Bewußte Wahrnehmung, geplantes Handeln und erfolgreiche Bewältigung sehr komplexer Umwelten (auch sozialer Umwelten) sind nur durch ein semantisch selbstreferentielles und selbst-explikatives System möglich, wie es das menschliche Gehirn ist.
Betrachtet man die Evolution des Wirbeltiergehirns von den sogenannten ‚primitiven‘ Wirbeltieren bis hin zum Menschen, so läßt sich feststellen, daß die Größe des Gehirns ziemlich streng mit der Fähigkeit zum Lernen und zu komplexem Handeln und damit zur Bewältigung einer immer komplexeren Umwelt korreliert ist. Ich möchte hier die Frage offenlassen, ob die Größenzunahme des Gehirns innerhalb der menschlichen Evolution das Produkt des Selektionsdrucks einer zunehmend komplexeren Umwelt war, oder ob, wofür es inzwischen viele Anhaltspunkte gibt, das Gehirn aus internen Wachstums- und Differenzierungsgründen größer und komplizierter wurde und der Mensch erst sekundär dadurch in die Lage versetzt wurde, immer komplexere Umwelten zu bewältigen.“ (246)
Roth berichtet, daß die quantitative Datenflut, die ein primitives Tier von den Sinnesorganen erhält, nicht wesentlich anders ist, als beim Menschen. Aber der Mensch verfüge über wesentlich mehr Möglichkeiten, diese Datenflut auszuwerten. Dabei benutze er die Gehirnkapazitäten nicht, um mehr Daten verarbeiten zu können, sondern um aus möglichst wenigen Daten möglichst viel Qualität herauszuholen. Dies aber kann nur gelingen, wenn sich das Gehirn eine interne kognitive Welt herstelle und Sinnesdaten mit Erinnerungen mische. Unsere sichtbare Welt bestehe demnach aus Erinnerungen, die von wenigen Sinnesinformationen aktualisiert würden. Diese so intern generierte Welt ermögliche schnelles Handeln. Wäre das Gehirn kognitiv offen, wäre es zu langsam, um das Überleben zu sichern.
3. Gerhard Roths Zusammenfassung in folgenden Thesen:
1. „Das Gehirn … hat keinen direkten Zugang zur Außenwelt. Es geht bei der Interpretation seiner eigenen Zustände nur nach internen Prinzipien der Konsistenzprüfung vor. …
2. Das Gehirn, als selbstreferentielles System, hat zum einen in langer Evolution, die alle Wirbeltiervorfahren einbegreift und damit etwa eine halbe Milliarde von Jahren umfaßt, und zum anderen innerhalb seiner individualgeschichtlichen Entwicklung interne Prüfverfahren entwickelt, die hochgradig verläßlich sind, was die Handlungssteuerung betrifft.
3. Aufgrund seiner selbstreferentiellen Organisation, d.h. des ständigen gegenseitigen Ineinanderabbildens der oben genannten funktionalen Großsysteme, schafft sich das real – materielle Gehirn eine Welt, die es in eine Umwelt, eine Körperwelt und eine Ich- (oder Gedanken-) Welt gliedert, und es konstituiert diese drei Welten so, daß sie sich möglichst scharf voneinander unterscheiden. Diese kognitive Welt ist dadurch, daß sie in bezug auf ihre eigenen Teilbereiche konstituiert und definiert ist, in sich abgeschlossen. Dies ist die Wirklichkeit, in der wir existieren und von der wir Teil sind. Insofern stehen wir ihr nicht gegenüber, sondern sie geht durch uns hindurch. Unser Ich, das wir als das Unmittelbarste und Konkreteste, nämlich als uns selbst, empfinden, ist – eine Fiktion, der Traum eines Gehirns, von dem wir, die Fiktion, der Traum, nichts wissen können. Darum sind wir uns notwendigerweise die einzige Wirklichkeit.
4. Auch wenn das Gehirn ein in sich funktional und kognitiv abgeschlossenes System ist, so bedeutet dies nicht, daß es von der Umwelt isoliert ist. Seine Zustände können über die Sinnesorgane durch Umweltereignisse moduliert werden. Das Gehirn aber legt fest, welche Umweltereignisse in welcher Weise auf das Gehirn einwirken können, und es erfährt diese Einwirkungen nur an sich selbst. Das Gehirn hebt die prinzipielle Isolation aller neuronaler Systeme von der Welt dadurch auf, daß es die Welt als interne Umwelt konstituiert und mit dieser umgeht. Dies gilt insbesondere für die soziale Umwelt. Und so ist es kein Widerspruch, daß unsere individuelle, in sich abgeschlossene Wirklichkeit eine soziale Wirklichkeit ist. Denn das reale Gehirn, das diese individuelle Wirklichkeit erzeugt, kann, wie die Forschungen der letzten zwei Jahrzehnte gezeigt haben, seine Funktionen nur unter spezifischen sozialen Bedingungen entwickeln. In diesem Sinne ist die von unserem Gehirn konstituierte Wirklichkeit eine soziale Wirklichkeit und keine Monade im Leibnizschen Sinne, obwohl sie in der Tat keine Fenster nach draußen hat.“ (252 ff)
4. Meine eigene Theorie zum Thema „Konstruktion der Wirklichkeit“
a) Überlegungen zum Thema „Zeit“:
Um hier Wirklichkeit von Fiktion unterscheidbar zu machen, fragen wir uns, welche der drei Zeitabschnitte, nämlich „Vergangenheit“, „Gegenwart“ und „Zukunft“ wirklich sind. Die Vergangenheit ist vorbei. Sie ist nicht (mehr) wirklich, es sei denn als Erinnerungen oder Dokumente, soweit sie in der Gegenwart existieren. Die Zukunft gibt es (noch) nicht. Auch sie ist nicht wirklich. Ausschließlich die Gegenwart hat wirkliche Existenz. Dieser Zeitabschnitt mit der Dauer von null (Sekunden oder anderen Zeitmaßen) beinhaltet alles, was wirklich ist.
Da es ausschließlich Gegenwart gibt, verändert sie sich nicht in der Zeit. Das Gegenwärtige ändert sich „in sich selbst“ nach seiner eigenen inhärenten Struktur. Was wir als „Fluß der Zeit“ erleben, ist Resultat unserer reduktionistischen Theorien, mit denen wir in die Allgegenwart einen Zeitpfeil hineinkonstruieren. Es entsteht ein Nacheinander von Erscheinungen, welche wir mittels Kausalität wieder verbinden und das Ganze dann „logisch“ nennen, weil wir die Welt für logisch erachten. Von „Erscheinungen“ spreche ich, weil wir die Wirklichkeit nicht in ihrer gesamten allgegenwärtigen Komplexität wahrnehmen, sondern nur als (reduziertes) Modell, das wir uns von ihr gemacht haben: Was in Wirklichkeit ein inniges Umgestalten des allgegenwärtigen Seins ist, erleben wir als Objekte in einem Fluß der Zeit. Dieser Fluß ist Produkt unserer Theorie von der Welt. Wir haben die Zeitdimension externalisiert und nehmen dadurch der Zeit beraubte Objekte in der Zeit wahr. Die Zeit ist nun nicht mehr in den Objekten, sondern sie bildet ihre Umgebung, innerhalb derer nun die Objekte dauern. Die materiellen Atome existieren nun endlos lange im Strom der Zeit.
b. Überlegungen zum Thema „Raum“:
Schließen wir in einem taghellen Zimmer die Augen, sehen wir vor unseren Augen etwas Schwarzes. Stimmt das? Nein! Vor unseren Augen ist ja immer noch das helle Zimmer! Wo also ist das Schwarze? Ist es die unbeleuchtete Rückseite unserer Augenlider? Das kann auch nicht stimmen, denn das Schwarze, das wir sehen, hat keinen Abstand. Allein: wir wissen, daß es der Raum ist, in welchen wir unsere optischen Wahrnehmungen hineinprojizieren, wenn wir die Augen öffnen. Genauer: Das Schwarze, das wir mit einem geschlossenen Auge sehen, ist eine Fläche; das Schwarze, das wir mit beiden geschlossenen Augen sehen, ist im Gehirn zu unserem Wahrnehmungsrahmen für optische Wahrnehmungen verschaltet. Es ist der dreidimensionale Raum, in dem wir leben. Es ist ein Konstrukt unserer Gehirne. Jeder sehende Mensch hat in seinem Gehirn einen unendlich großen dreidimensionalen Raum kreiert. Obwohl all diese Räume unendlich groß sind, überschneiden sich die Räume der einzelnen Menschen nicht, selbst dann nicht, wenn diese Menschen dicht nebeneinander stehen. Öffnen wir unsere Augen, wird die (vermeintliche) Außenwelt in diesen Raum hineinprojiziert.
Schauen wir des Nachts bei Neumond in den sternenklaren Himmel und richten wir unser Augenmerk auf das Schwarze zwischen zwei Sternen, müssen wir anerkennen, daß die Schwärze zwischen diesen hunderte Lichtjahre voneinander entfernten Sternen nicht etwa „da draußen“ ist, sondern daß es dieselbe Schwärze ist, die wir des Tags bei geschlossenen Augen in unserem Zimmer, bzw hinter unseren Augenlidern – in unserem Gehirn sehen. Die Sterne – wie wir sie sehen – sind in jenem unendlichen Raum, den unsere Gehirne neuronal geschaltet haben.
Was für die Sterne gilt, gilt selbstverständlich für alle anderen materiellen Objekte: Sie sind Abbildungen – Projektionen – im Sehzentrum des Gehirns. Aber auch das Gehirn besteht aus Materie! Kann das Gehirn eine Abbildung in sich selbst sein? Unmöglich! 9 – Wir müssen unsere Theorie modifizieren: Wir können den menschlichen Geist nicht mehr im Gehirn suchen, sondern umgekehrt: Das Gehirn ist in unserem Geist! Wir sind multidimensionaler Geist, der drei seiner Dimensionen zu einem schwarzen Raum (und eine Dimension zur linearen Zeit) verschaltet und mittels dieses Raum/Zeit-Rahmens sich selbst (als Gehirn, Mensch) und seine Welt abbildet. Aus einer Raum/Zeit/Materie-Singularität werden Objekte in Raum und Zeit kreiert. Die Objekte der Welt (einschließlich des Gehirns) sind ganz und gar Konstrukte unseres Geistes. Allerdings stellt sich nun die Frage, ob es überhaupt eine Außenwelt gibt. – Hier kommen nun die Träume ins Spiel; und ich erinnere daran, daß auch Berger/Luckmann Aussagen über den Stellenwert von Träumen gemacht haben. 10
Meine Theorie, die (im Gegensatz zu Roth) die Inexistenz einer Außenwelt postuliert, ist trotzdem keine solipsistische Theorie. Ich sage zwar, daß alle Objekte der Welt in meinem Geist sind, aber ich unterstelle diesen Sachverhalt auch allen anderen bewußten Lebewesen. All diese Lebewesen träumten ursprünglich ihre Welten: keine dieser Welten war den anderen ähnlich. Aber die Wesen konnten miteinander kommunizieren, und die Kommunikation erhielt nur dann einen Sinn, sofern es Gemeinsamkeiten gab. (Auch Berger/Luckmann schreiben, daß die Sprache die Welt objektiviert – zum Objekt macht, zB S. 163/164. Und S. J. Schmidt schreibt Entsprechendes – s. Seite 10, Zitat (33) Über die Brücke einer ersten Gemeinsamkeit konnten weitere Gemeinsamkeiten der subjektiven Universen hergestellt werden (Resonanzprinzip). Die Welten näherten sich einander an, bis alle bewußten Lebewesen scheinbar in einer gemeinsamen Welt lebten. Auf diese Weise entstand die objektive Welt. Ich mußte mich mit der Vorstellung vertraut machen, daß sich die Welt da draußen nicht etwa im Sehzentrum meines Hinterkopfes abbildet und von meinem Bewußtsein irgendwie betrachtet wird, sondern daß die Welt da draußen bereits jene Abbildung ist. (vgl. Roth 238/239) Mein wahrer Denkapparat ist alokal: unendlich groß und klein zugleich 11 und atemporal – ewig, und die Welt findet in ihm (mir) statt. Tod gilt nur für meine körperliche Erscheinung, nicht für meinen Geist…
5. Kritik an Gerhard Roth
In meinem ersten längeren Zitat aus Roths Arbeit habe ich den Begriff ’stammesgeschichtlicher‘ und einige dutzend Zeilen darunter einen ganzen Absatz mit Fettdruck hervorgehoben, weil ich schon hier auf einen möglichen Widerspruch gestoßen bin. Einerseits zeigt Roth sehr plausibel auf, daß ‚Zeit‘ für das ‚reale Gehirn‘ eine ’notwendige kognitive Idee und keine erfahrbare Wirklichkeit‘ sei; andererseits spricht er von Stammesgeschichte. Er verwendet einen zeitlichen Begriff zur Beschreibung eines Gehirns, das der Zeit nicht unterworfen sein kann, weil es ‚Zeit‘ ja erst konstituiert! Ein Gehirn, das, wie Roth schreibt, ’nur konstruieren kann‘, also ein reales Gehirn, das ‚Zeit‘ konstruiert, kann sich nicht stammesgeschichtlich entwickelt haben! – Es sei denn, und das ist meine Theorie – es gibt zwei Zeiten: eine zyklische Zeit, in welcher das reale Gehirn das kognitive Hirn samt linearer Zeit konstruiert! Genauer:
1. Es gibt interne Strukturumwandlungen im kognitiven System, bei denen Wirkungen in Rückkopplungsschleifen auf ihre Ursachen zurückwirken (zyklische Kausalität wie bei autopoietischen Systemen). Damit werden vergangene Zustände (Strukturen) in die Gegenwart einbezogen, und es entsteht ein ausschließlich in der Gegenwart existierendes sich ständig umwandelndes System, das in sich und für sich zeitlos, also ewig, ist.
Man bedenke auch, daß die physikalische Zeit an das Licht gekoppelt ist: Materielle Kreisläufe (zyklische Prozesse) sind demnach auch zeitliche Kreise – im Gegensatz zur linearen Zeit oder dem Zeitpfeil, der methodisch aus dem 2. Thermodynamischen Gesetz abgeleitet wird.
2. Nur einem außenstehenden Betrachter (einem zweiten System), der aufgrund einer Methode in dem o.g. ‚Zeit – Gebrodel‘ eine Folge von unterschiedlichen Strukturen beobachten kann, erscheinen diese innigen Umwandlungen des betrachteten ewigen Systems einem Zeitpfeil unterworfen und damit ’stammesgeschichtlich‘. Dabei erweist sich die physikalische Zeit – Zeitpfeil – als Resultat der Methode der Invariantenbildung. Nur Roths‘ kognitives Gehirn‘ ist der physikalischen Zeit unterworfen, aber genau dieses konstruiert nicht, denn es ist bereits Konstrukt!
Dann habe ich das Begriffspaar ‚wahrer Herkunft‘ fett hervorgehoben. Hier schreibt Roth ganz richtig, daß das reale Gehirn als abgeschlossenes System die wahre Herkunft eines Signals nicht kennen kann und sie deshalb (re-) konstruieren muß. Diese Aussage steht im Widerspruch zu später gemachten Aussagen, bei denen er wie selbstverständlich von einem ‚materiellen realen Gehirn‘ (s. Zitat (275)) das sich evolutionär entwickelt habe usw., schreibt. Roth beschreibt die reale Welt, als wäre sie deckungsgleich mit der kognitiven Welt. Und in Roths so beschriebener realen Welt ist die wahre Herkunft eines Signals deutlich sichtbar!
Die Zitate (233) und (234) sind mit Vorsicht zu genießen, da sie im Widerspruch zum Zitat (15/16): „Dieses kognitive Subjekt ist natürlich nicht der Schöpfer der kognitiven Welt …“) stehen. Roth schreibt von einem ‚Ort im Gehirn‘, von einem ‚Hinterhauptskortex‘, von neuronalen Signalen‘. All diese Beschreibungen sind ausschließlich auf das kognitive Gehirn bezogen. Lt. Zitat (15/16) – siehe oben – wissen wir jedoch, daß das kognitive Hirn nicht selbst denkt, keine Signale verarbeitet, sondern Produkt ebendieser Tätigkeiten – des realen Gehirns – ist.
Was Roth im Zitat (238) den ‚vielen Wahrnehmungstheoretikern‘ vorwirft, werfe ich auch ihm vor: Auch Roth hat auf unzulässige Weise zwei ‚ontologisch völlig unterschiedliche Welten‘ miteinander vermengt – wie ich noch verdeutlichen werde. Roth beschreibt das reale Gehirn identisch mit der Beschreibung des kognitiven Gehirns.
Von welchem Gehirn spricht Roth im Zitat (246)? Er spricht von evolutiver Größenzunahme des Gehirns. Es kann also nur das kognitive Hirn gemeint sein; ich fürchte jedoch, Roth meint das reale Gehirn. Ich hege den starken Verdacht, Roth glaubt an die Existenz einer realen Welt, die der kognitiven Welt, was Raum, Zeit, Energie, Materie, Bewegung usw. betrifft, identisch ist. In dieser realen Welt sei der Mensch mit seinem realen materiellen Gehirn evolutiv entstanden. In diesem Gehirn gebe es nun ein materielles neuronales Netz, welches Träger eines kognitiven Gehirns sei, in welchem nun eine kognitive Welt samt kognitivem Hirn konstruiert wird. Roth hat, wenn meine Vermutung stimmt, die Welt des ’naiven Realismus‘ in genialer Weise mit konstruktivistischen Mitteln und Methoden zerpflückt, hat sie aber durch ein Hintertürchen wieder eingeführt, wodurch er sich nachträglichen aller neuen Einsichten wieder beraubt hat. Der einzige Unterschied zwischen dem ’naiven Realismus‘ und Roths ‚Konstruktivismus‘ ist der, daß Roths Theorie konstruktiv(istisch)e Kritik ins Leere laufen läßt!
‚Zufällig‘ bekam ich, nachdem ich Obiges geschrieben hatte, die neuesten Ausgabe von ‚Bild der Wissenschaft 10/98 in die Hände und las auf Seite 73 in einem Interview von Gerhard Roth 10: „Ich bin überzeugt von der Existenz einer Welt außerhalb unseres Bewußtseins, einer Welt, in der Tiere und Menschen leben, die ein Gehirn haben. Die objektive Welt erregt die Sinnesorgane dieser Tiere und Menschen. Ihre Gehirne machen daraus etwas, und ich bin ein Konstrukt dieser Gehirne, einschließlich meines eigenen.“ Dieses Zitat belegt die Richtigkeit meines Verdachts – und meiner Behauptung, daß Roth wieder in ‚vorkonstruktivistische‘ Denkmuster zurückgefallen ist und sich (und alle, die ihm nacheifern) um die Früchte dieser Philosophie gebracht hat. (Mit dem Begriff ‚zufällig‘ will ich andeuten, daß eine gewisse kognitive Offenheit mir hier auf irrationalem Wege Informationen zukommen ließ!)
Mit seinen Äußerungen hat Roth sämtliche weltanschaulichen Errungenschaften wieder zunichte gemacht und ist an seinen Ausgangspunkt (siehe Zitate (229) und (231)) zurückgekehrt. Er hätte sich seinen philosophischen Ausflug sparen können. Was nützt es, eine Erscheinungswelt scharfsinnig zu hinterfragen und hinter den Erscheinungen eine ‚andere Realität‘ zu erschließen, wenn man diese ‚andere Realität‘ dann in Ermangelung passender Worte wieder genauso beschreibt, wie man die Erscheinungswelt beschrieben hat? Ich finde, man sollte eine Frage lieber offen lassen, statt sie mit Scheinantworten in der Versenkung verschwinden zu lassen.
6. Zusammenfassung
Ausgangspunkt des Konstruktivismus ist das naturwissenschaftliche Weltbild, in welchem alle Theorien empirisch geprüft werden. Aus diesem Grund ist diese Theorie Empirie-fundiert. Man hat allerdings die Perspektive gewechselt: Statt wie in der Naturwissenschaft von den Sinnen auszugehen, geht der Konstruktivismus vom (empirisch verstandenen) Gehirn aus. Einigen Naturwissenschaftlern, besonders Hirnforschern, ist aufgefallen, daß das Gehirn – entsprechend des naturwissenschaftlichen Modells – keinen unmittelbaren Zugang zur Umwelt hat. Ihm stehen ausschließlich Nervenimpulse (‚klick‘ – ‚klick‘) zu Verfügung. Allein aus diesen Impulsen konstruiert das Gehirn eine kognitive Welt. Raum, Zeit, Materie, Bewegung, Energie, der eigene Leib, das eigene Gehirn, selbst die eigenen Gedanken sind allesamt Konstrukte des ‚realen Gehirns‘. Da das ‚reale Gehirn‘ nicht mit Begriffen wie ‚Raum, Zeit und Materie‘ beschrieben werden kann, unterscheidet es sich wesentlich vom kognitiven Gehirn.
Ich werde es deshalb ‚Seele‘ nennen. Diese Seele erschafft (über Resonanzen) im Konsens (oder Streit) mit anderen Seelen ihre kognitive Welt. In der Naturwissenschaft ist diese Kausalität umgekehrt: Dort geht aus der Materie der Geist hervor (wenn überhaupt). Es gibt also nur Seelen, die – weder räumlich, noch zeitlich, allerdings seinsmäßig – von mir getrennt sind, mit mir in Resonanz treten (siehe u.a. „Klarträume“ ) und Störungen hervorrufen können (Resonanzstörungen treten innen auf; sie kommen nicht als ‚Information‘ von außen herein.) und mich bei der Konstruktion meiner kognitiven Welt dazu bringen (aus Plausibilitätsgründen), fremdgesteuerte Wesen und eine Außenwelt zu projizieren. Im Extremfall – nämlich dem, daß ich an die Objektivität der materiellen Welt glaube – habe ich also meine GESAMTE Welt nach den Maßgaben Anderer gebildet. Dann bin ich freilich nicht mehr „Herr meines Hauses“. Also versuche ich, meine Welt zurückzuerobern, indem ich der Ratio meine Phantasie (meinen Mythos) entgegenstelle. Die Welt, wie ich sie wahrnehme, ist meine Konstruktion, meine Welt: Außenansicht meiner Seele. Ich weiß nun, was zu tun ist (siehe meine Essays zum Thema „Magie“).
Gegen den Konstruktivismus wird häufig ins Feld geführt, daß er immerhin Empirie-fundiert sei und zweitens in starkem Solipsismus-Verdacht stehe. Dem entgegne ich, daß er ausschließlich wissenschaftshistorisch aus einem empirischen System hervorgegangen ist, nicht aber logisch, denn im Konstruktivismus ist der Geist primär und die Materie sekundär. Der Konstruktivismus ist auch nicht solipsistisch, denn er geht – jedenfalls meiner Auffassung nach – davon aus, daß es andere Seelen gibt, die nichträumlich vom Subjekt getrennt und über Resonanzstörungen miteinander intern in Kontakt stehen. Außerdem sollte ein Solipsismus-Verdacht nicht ausreichen, eine Theorie zu verdammen! Auch die Urknalltheorie ist solipsistisch! Und hat das je einen Kosmologen davon abgehalten, sich damit zu beschäftigen?
7. Schluß
Der Radikale Konstruktivismus ist ein hervorragendes Konzept, mit dessen Hilfe wir uns und die Welt besser verstehen und verändern lernen können. Besonders wertvoll daran ist, daß er die Welt nicht nur im Nachhinein ‚erklärt‘, was den Fortschritt hemmen würde, sondern uns auch Mittel in die Hände legt, unsere Zukunft zu kreieren. Die Zukunft kommt nicht einfach; sie wird gemacht! Wir können unsere Mythen verwirklichen – materialisieren -, wenn wir (unsere Bewußtseine) es schaffen, in diejenigen Bereiche unseres eigenen Geistes vorzudringen, in denen z. B. die sog. ‚Naturgesetze‘ konstituiert werden. Dann könnten wir zu Magiern – Kreatoren – werden. Roth ist, vielleicht zu Recht, vor der Verkündung dieser Konsequenzen zurückgeschreckt und hat womöglich deshalb den ihm von mir vorgeworfenen Fehler gemacht – um möglichst viele Studenten seiner Werke nach einem kurzen Ausflug in die Fremde wieder in den sicheren Hafen der sog (!) empirischen Naturwissenschaft zurückzuführen, damit sie nicht aus der sozialen ’symbolischen Sinnwelt‘ bzw. der konsensualen ‚kognitiven Welt‘ herausfallen. Ich selbst kann nicht verhehlen, schon seit Jahren Experimente mit dem neuen Konzept (in der von mir selbst entdeckten Ausformung) zu machen, um die Aufmerksamkeit der Kreatoren auf mich zu lenken. Trotzdem ist mir etwas mulmig dabei zu Mute, da Berger und Luckmann deutlich geschrieben haben, was die ‚Hüter der Wirklichkeitsbestimmung‘ mit denjenigen anstellen, die Konkurrenzsysteme zur bestehenden Sinnwelt errichten. (Und wer eigene Augen im Kopf hat, kann dies auch selbst beobachten). Diese Angst verhindert in der Regel das tiefere Eindringen in diese neue Philosophie, die uns das Grauen lehren kann, wenn wir uns wirklich darauf einlassen. Ich kann bestätigen, daß Berger und Luckmann mit ihrem Statement, daß ‚jede Gesellschaft eine Konstruktion am Rande des Grauens‘ sei, recht haben. Tief in unseren Unterbewußtseinen ruhen Gespenster, die geweckt werden könnten, und nicht jeder hat die Mittel, mit diesem Spuk fertigzuwerden.
Fußnoten
1 Gerhard Roth: „Erkenntnis und Realität: Das reale Gehirn und seine Wirklichkeit“, sowie „Autopoiese und Kognition: Die Theorie H. R. Maturanas und die Notwendigkeit ihrer Weiterentwicklung“ in: Siegfried Schmidt (Hrsg.): „Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus“ suhrkamp, 1996
2 Fettdruck: Hervorhebung immer von mir
3 Roth – Zitate, übernommen vom Aufsatz von Siegfried J. Schmidt – s. Fußnote 1
4 Diese Aussage werte ich als Bestätigung der Theorie v. Berger/Luckmann und meinen Ausführungen über die ‚Kreatoren‘.
5 nach Siegfried Schmidt in: siehe unter 1
6 Berger/Luckmann: „Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit – Eine Theorie der Wissenssoziologie“, S. DEG. 18
7 siehe DEGUFORUM 18: „Die Philosophie Thomas Kuhns“
8 Prof. Wolf Singer: „Dialog der Gehirne“ in: Bild der Wissenschaft Nr. 17/1997, S. 68
9 vgl. mit Zitat 238/239, wo Roth über das Paradoxon der unendlichen Spiegelungen des Gehirns in sich selbst schreibt.
10 z. B. auf S. 104 ihres Werkes (s. Fußn. 6).
11 In der ‚Heiligen Schrift‘ der Inder, der Bhagavad Gita, werden die beiden Aspekte der Alokalität ‚Atman‘ und ‚Paramatman‘ genannt.
Glossar
Kybernetik: Lehre von der Regelung und Steuerung, Informationsverarbeitung, Datenverarbeitung, anwendbar auf sowohl technische, als auch biologische Abläufe, z. B. Computerprogramme, Nerven-Netzwerke im Gehirn.
Kybernetik 2. Ordnung: Erforschung der Künstlichen Intelligenz, indem kybernetisches Wissen auf sich selbst angewendet wird. Beispiele: Denken über Denken: Was ist Denken?
Wissen über Wissen: Was ist Wissen? Kybernetik über Kybernetik – K. 2. Ordn: Was ist Kybernetik? Was sind Daten? Was ist Information?
empirisch fundiert: durch Erfahrung, Beobachtung, Messung abgesichert (oder begründet)
Alternative: eine zweite Wahl – Möglichkeit
Wissenschaftspositivismus: Materialismus in der Wissenschaft. Die Überzeugung, die Materie sei die wirkliche Realität, Materie sei positiv vorhanden. Ablehnung des Gedankens, Materie sei bildliche Erscheinung oder Vorstellung für den menschlichen Geist.
visuelle Welt: sichtbare, gesehene Welt.
Ontologie: Lehre vom Sein: Es gibt Dinge, die eine eigenständige Existenz haben. Sie erscheinen nicht nur; sie sind tatsächlich vorhanden.
Kognition: mentale, geistige Prozesse, Denken, Erkennen, Interpretieren.
kognitiv und semantisch abgeschlossen, selbstreferentiell und selbstexplikativ: Alle Wörter der Sprache werden erklärt (definiert) mit anderen Wörtern. Dadurch sind alle Wörter mit allen anderen verbunden und bilden ein Netzwerk. Man kann Sprache so auffassen, daß man mit Sprache dieses Netzwerk nicht verlassen kann: Man kann nicht über etwas anderes, zB Dinge, sprechen, nur über andere Wörter. In diesem Sinne ist die Sprache ein geschlossenes System: abgeschlossen. Da wir mit Sprache Erkenntnis gewinnen wollen, ist auch die Erkenntnis in diesem Netz eingesperrt. Auch unser Gehirn kommt aus diesem Netz nicht heraus: Will mein Gehirn etwas über sich selbst wissen, bezieht es sich auf sich selbst (= selbstreferentiell) und erklärt sich selbst (= selbstexplikativ) und bleibt dabei immer auf seine Nervensprache (klick – klick) angewiesen.
Unspezifizität der Nervenimpulse: Es gibt keine speziellen Impulse für Licht, Geräusche, Geschmack, Gedanken, Gefühle usw.
Umweltoffenes Gehirn: Das Gehirn wäre offen für die Umwelt, wenn zB ein Baum (in der Umwelt) mit sämtlichen Informationen (Gestalt, Farbe) das Gehirn pausenlos erregen würde, solange wir ihn betrachten. Das ist aber nicht so. In Wirklichkeit sehen wir nur das erste Bild, das sich das Gehirn vom Baum (kognitiv als Interpretation) gemacht und sich gemerkt hat. Dieses Erinnerungsbild wird dann durch aktuelle Abweichungen ständig abgewandelt, und zwar etwa alle drei Sekunden. Dazwischen sehen wir nur Erinnerungsbilder und Berechnungen. Da wir nicht wissen können, ob es zum Bild des Baumes ein Urbild (einen wirklichen Baum) gibt – wir haben nur Bilder – ist das Gehirn kognitiv geschlossen. Es erhält keine direkte Information aus der Umwelt. Es muß sie sich selbst durch Interpretation herstellen
Subjekt: Das ‚Ich‘ des Menschen denkt nicht selbst. Es ist nicht Ursache von Gedanken, sondern Folge. Nicht: „Ich denke!“, sondern: „Es denkt mir!“ Und dieses Denken sagt zum Ich: „Du bist der Leib!“
Hinterhauptskortex: Ein Bereich im hinteren Teil des Gehirns.
topologisches Prinzip: Im Sehzentrum des Gehirns werden alle Nervenimpulse zu Bildern verarbeitet; im Hörzentrum zu Geräuschen. Es hängt also vom Ort (Topos) im Gehirn ab, was Nervenimpulse bedeuten.
konstituiert: von Konstitution = körperliche Verfassung. Kann auch als „Konstruiert“ gelesen werden.
Konsistenzprüfung: Überprüfung der Stimmigkeit. Wenn in einem Puzzle-Spiel alle Teile zusammenpassen, hat es die K. bestanden. Das Gehirn puzzelt solange an den Sinnesdaten herum, bis sie alle widerspruchsfrei zusammenpassen.
soziale Bedingungen: gemeint ist, daß unsere kognitive Welt ein Gemeinschaftsprodukt ist, genau wie zB die Sprache.
Invarianten: Das Gehirn bekommt nur Datenströme. Aus diesen errechnet es (mittels Konsistenzprüfung) unveränderliche (invariante) Dinge, zB Gegenstände, sprachliche Begriffe. Aus diesen setzt es die materielle Welt zusammen.
negatives Rückkopplungssystem: Beispiel: Das Gehirn (ein System) hat die Erinnerung eines Baumes gespeichert. Dann schaut es sich diesen Baum wieder an und vergleicht ihn mit der Erinnerung (Rückkopplung). Die Unterschiede merkt es sich, gibt sie der Erinnerung hinzu und vergißt dann (negatives …) das zweite Bild. Anhand der der Erinnerung hinzugegebenen Abweichungen sehen wir dann einen sich im Wind bewegenden Baum.
konsekutive Konsistenzprüfung: folgernde Stimmigkeitsprüfung. Das Gehirn prüft alle Sinnesdaten darauf, ob sie zusammenpassen. Passen sie nicht, werden sie passend gemacht. Viele Menschen benutzen diese ‚künstliche‘ Stimmigkeit zB zwischen dem, was sie sehen und dem, was sie anfassen können, als Beweis dafür, daß der wahrgenommene Gegenstand ‚real‘ sei.
Naiver Realismus: Die Philosophie von Kindern und ‚Otto-Normalverbrauchern‘: Alles ist wirklich so, wie wir es sehen. Die Sinnesorgane zeigen uns die wirkliche Welt. Es ist nichts Verborgenes dahinter.
Solipsismus: „Die ganze Welt ist nur mein eigener Traum. Ich bin das einzige wirkliche Lebewesen des Universums. Alle anderen Menschen sind nur meine Projektionen.“
Gegen diese Philosophie wird ins Feld geführt, daß wir als Gott unserer Welt dann ja auch alle Macht haben müßten – haben wir aber nicht. Also gibt es Fremdeinflüsse: andere Wesen.
Auch die These, Gott allein sei existent, und die Welt sei nur Gottes Traum, ist solipsistisch.
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