Hans-Joachim Heyer

Befreiung des Denkens (20)

Ich spiele ja mehr schlecht als recht Schach (Elo 1750), aber gut genug, um die Schachvideos einiger deutscher Großmeister (Jan Gustafsson, Niclos Huschenbeth und „TheBigGreek“) faszinierend zu finden. Warum faszinierend? Wenn ich ihre Blitzpartien gegen die Mitglieder ihrer Communities verfolge, staune ich ich über die Leichtigkeit ihrer Siege. Sie haben die Situation auf dem Brett begriffen, sehen auf Anhieb Stärken und Schwächen, Gefahren und Drohungen, und sie wissen stets, welcher Zug zum Sieg führt. Beuge ich mich hingegen über ein Schachbrett, merke ich, wie schwer mein Geist ist. Er prallt regelrecht ab vom Brett mit seinen Figuren. Mein Geist dringt nicht ein in dieses Spiel. Zumindest tut er sich sehr schwer. Aber auch diese Schwerfälligkeit ist faszinierend. Es gibt aber etwas, da bin ich ein Großmeister, denn die „Philosophie des Geistes“ fällt mir leicht, und ich sehe, wie schwer sie dem Rest der Menschheit fällt. Sie sieht nur ein Brett und sinnlos aufgestellte Figuren, wo ich Ideen, Strukturen, Sinngehalte und höhere Dimensionen sehe. Ich sehe, wie Geist die Materie lenkt, wo die Blinden meinen, es gebe Naturgesetze: die Figuren hätten ihre Züge irgendwie in ihr Holz einprogrammiert und würden sich blind bewegen, und das Zusammenspiel würde eine Schachpartie ergeben, ohne dass je zwei Spieler sich Gedanken gemacht und Pläne geschmiedet hätten. Ja, die Schachgroßmeister haben, bezogen auf die 64 Felder, einen befreiten Geist. Das ist’s, was mich fasziniert. Und mein Geist ist auf gutem Weg, auch befreit zu werden. Nicht im Schach, aber in der Welt. Ich fühle noch viel Enge in mir, aber ich verschweige nicht meine Erfolge, auch wenn ich als Angeber beschimpft werde. Ich habe IHN entdeckt. Ich sehe IHN. Und ich habe das Ewige Leben in IHM und ER in mir.