Hans-Joachim Heyer

Beten (4)

Beim letzten Treffen des Bibel-Hauskreises wurde meine Hemmung, täglich viel und systematisch zu beten, kritisiert. Es gehe um eine der Hauptaufgaben eines Christen, diese Kraft, über die nur er verfüge, zum Heil und Segen für andere Menschen einzusetzen. So bete diese Gruppe, die uns besuchte, um Heilung kranker Mitmenschen aus dem Bekanntenkreis, um Verstand und Weisheit unserer Regierung, um Rettung in Not geratener Christen in Ländern, in denen Christen verfolgt werden, zB in Nordkorea und Eritrea und um Erleuchtung und Bekehrung aller Atheisten im persönlichen Umfeld – und zuletzt um Heilung eigener Krankheiten und Zunahme an Weisheit.

Ich erzählte ihnen daraufhin meine Erkenntnisse zum Thema. Mir ginge es primär um die Erforschung der geistigen Gesetze, und als ich diese soweit verstanden hatte, ergaben sich daraus für mich folgende Konsequenzen:

Im Gegensatz zum Weltlichen (Materialismus), in dem Vielfalt und Vielzahl herrscht, gibt es nur EINEN Geist, den Geist Gottes. In dem Maße, in dem wir die Wahrheit finden, lösen wir uns aus der Vielheit, dem Abgetrenntsein von Gott, heraus und werden EINS mit Gott. In dem Maße, in dem ICH Wahrheit finde, schwindet genau dieses ICH, und am Ende wird der Wahrhaftige mit Jesus sagen: „Der Vater und ich sind eins!“ und „Ich im Vater; der Vater in mir!“

In der Frage des Betens erhielt ich die Antwort, dass NICHT mein gottgetrenntes Ich erfolgreich beten kann, sondern meine gotteinige Seele, aber diese wirke nicht punktuell in die materielle Welt des abgetrennten Vielen, sondern entsprechend der geistigen Gesetze als Ganze ins Ganze, und zwar unsichtbar, da nicht weltlich/materiell.

In meiner Praxis geschehe dies so, dass ich allgemein nach Wahrheit suche und damit mein Bewusstsein erweitere. Es handele sich dabei schlicht um ein Aufwachen, ein wacher werden, und jeder weiß, dass man umsomehr erkennt, je wacher man ist.

Den Prozess des Erwachens erlebe ich als zunehmende Entlarvung der Welt der Ungläubigen und Falschgläubigen, der Welt der Täuschung, bzw. der Welt der Lüge, des Betruges und Selbstbetruges. Ich habe die in Vielheit zerfallene, fragmentierte Welt, in der die Materialisten leben, als vollständige Illusionswelt, als Matrix, entlarvt.

Wie kann ein Splitter dieser Welt für andere Splitter erfolgreich beten? WIE erfolgreich ist ein Gebet, wenn nicht ich bete, sondern wenn meine ganze, ganz gewordene Seele, dieses ICH BIN, als Ganzes die komplette Kollektivseele der Menschheit verändert, indem sie sich in diese einbindet?

Die Kollektivseele des deutschen Volkes, besser: aller Deutschsprechenden, ist großteils materialistisch vergiftet und deshalb unbewusst. Aber es gibt noch genug gläubige bewusste Deutschsprechende, deren wacher Anteil am Kollektivbewusstsein ausreicht, um den Erzengel Michael, den Schutzengel der Deutschen (der „Deutsche Michel“) zu stärken und damit anzurufen.

Dieses Kollektivbewusstsein der echten Christen wirkt primär nicht punktuell, sondern allgemein, indem flächendeckend der Boden des christlichen Glaubens allgemein gedüngt wird und es allen Christen leichter macht, ihren Glauben erfolgreicher zu leben. Das führt dann dazu, dass Kranke gesund, Verfolgte nicht mehr verfolgt und Politiker vernünftiger werden, aber niemand weiß, WER genau WIE vom Geist zum Guten verändert wird.

Diese Art des Betens entsprechend der geistigen Gesetze ist erfolgreich. Dieses punktuelle Beten erscheint mir materialistisch verfärbt – nicht mehr farblos unsichtbar im reinen Licht. Es ist das reine Gesamt-Bewusstsein, das heilend ausstrahlt, nicht der Ego-Wunsch.

ABER: Wer um Heilung für Kranke und Weisheit für Politiker betet, beweist damit, dass er gewisserweise dabei ist, sein Ego zu überwinden und das Gemeinwohl ins Zentrum seines Denkens zu stellen. Diese Bewusstseinshaltung ist bereits stark genug, den allgemeinen Anteil des punktuellen Gebetes zu realisieren. Das punktuell gemeinte Gebet wird allgemein wirken und gelegentlich auch der konkret gemeinten Person helfen im Sinne des konkreten Wunsches.