Hans-Joachim Heyer

Buchbesprechung, Teil 10 (14)

(Klaus Schwab: Covid19: Der große Umbruch) Nach der Lektüre der folgenden drei Kapitel ab „Soziale Unruhen“ (S. 96) kristallisierte sich (für mich!) noch klarer heraus, dass Schwab unbedingt die gesellschaftlichen Entwicklungen von „unten her“ beschreiben (erklären geht nicht) will, statt von „oben her“, also gesteuert (und erklärt) von einer Macht. Diese Macht will Schwab nicht entlarven, nicht demaskieren. So schreibt er von „sozialen Unruhen“, als ob diese wie Naturereignisse über die Welt kommen würden. So seien die „Gelbwesten“ in Frankreich durch Selbstorganisation des Volkes großgeworden, ohne dass es politische Kräfte gab, die ihre Pläne mit ihrer Hilfe zu realisieren versuchten. Auch die „Black Lives Matter“ – Bewegung wird als reine Volksbewegung geschildert und NICHT als (von bestimmten Milliardären finanzierten und massenmedial verbreiteten) Mosaikstein im großen Plan der Mächtigen.
Im Kapitel „Die Rückkehr der >großen< Regierungen“ (S. 102) schreibt Schwab, die Pandemie sorge dafür – meine Worte – , dass die unkontrollierte Ausbreitung des Virus dem Laissez faire des Neoliberalismus ein Ende bereiten würde; es werde wieder nötig, die Fokussierung des Auges auf reine Wirtschaftsangelegenheiten aufzugeben zugunsten des erweiterten Blickes auf natürliches und gesellschaftliches Geschehen, das ausschließlich durch die Politik sachgerecht gehandhabt werden könne. „Das Regieren“ – die Regierungen – „müssen wieder Oberhand gewinnen!“ Der politische Wille müsse in die Gewinnmaximierungslogik steuernd eingreifen. „Nicht Gewinnorientierung, sondern öffentliche Interessen müssen im Mittelpunkt stehen.“
Seltsamerweise schreibt Schwab in diesem Zusammenhang von Billionenschweren Konjunkturprogrammen! Warum soll die Wirtschaft derart massiv unterstützt werden, wenn sie doch ein Stückweit entmachtet werden soll? Gibt man der Wirtschaft Billionen, gibt man ihr auch Macht! Will man die Wirtschaft wieder durch Politik kontrollieren, muss die Politik ein „Konjunkturprogramm“ erfahren, zB mittels Reichensteuer (S. 108). Schwab erklärt seine seltsame Logik leider nicht. Will er Konjunkturprogramme oder Reichensteuer?
Schwab wirbt für den Stakeholder-Kapitalismus, statt des (politisch) ungezügelten Shareholder-Kapitalismus. Er will die Konzerne in soziale Verantwortung bringen. Das soziale Sicherungsnetz muss geflickt und ausgebaut werden. Die Konzerne sollen auch für die Schonung der Umwelt verantwortlich gemacht werden.
Sehr seltsam mutet auch die Überschrift des nächsten Kapitels an: „Der Gesellschaftsvertrag“. Schwab tut wieder so, als gäbe es einen solchen und als müsse dieser nach der Pandemie neu ausgehandelt werden. Dabei „übersieht“ er geflissentlich, dass es nie einen solchen Vertrag gegeben hat. Die gesellschaftlichen Entwicklungen kommen nicht AUCH aus der Gesellschaft, sondern allein von den Herrschern. Da wird nichts auf Augenhöhe ausgehandelt!
Ob Emanzipation der Frau, ob § 218, ob Schulreformen, ob Rechtschreibreform, ob Gender-Mainstreaming, ob Regenbogenbewegung, ob Überführung der Großfamilie in die Kleinfamilie und Zerstörung der Kleinfamilie bis zum Singlehaushalt, ob Vermischung der Kulturen, ob Säkularisierung der Gesellschaft und des Christentums, ob Masseneinwanderung von Mohammedanern, ob Aushöhlung des Rentensystems – ALLES kam von oben, nichts von unten! Es gibt keinen Gesellschaftsvertrag! Es ist ein Gesellschaftsdiktat!
Auf Seite 114 beschreibt Schwab die Auswirkungen der Covid-19 – Pandemie auf die Sozialsysteme nordeuropäischer Nationen. Er nennt explizit Norwegen und Dänemark, aber Schweden verschweigt er. Warum? Dreimal darfst du raten!
Es folgen Absätze darüber, dass die Sorge um die Ausbreitung von Pandemien zu Überwachungsgesellschaften führt. Schwab führt aus, dass nur existentielle Bedrohungen derartige Ausnahmezustände rechtfertigen, und dass die Zustimmung der Bevölkerung, besonders der jungen Menschen, notwendig sei. Nun, für die derzeitige Überwachungsgesellschaft gibt es weder eine existentielle Bedrohung, noch eine Zustimmung der Bevölkerung.