Hans-Joachim Heyer

Das Gesetz der Macht (21)

Das Gesetz der Macht
Einst schrieb ich dieses Gedicht:
Es ist die heilige
Pflicht der Mächtigen,
Zu verbergen die Wahrheit
Unter einem Berg aus Nichtigkeiten.
Und es ist ihnen gesetzt:
Wen sie nicht führen können,
Den müssen sie bestechen;
Wen sie nicht bestechen können,
Den müssen sie vernichten;
Wen sie nicht vernichten können,
Den müssen sie verachten;
Wen sie nicht verachten können,
Den müssen sie einweihen;
Wen sie nicht einweihen können,
Dem müssen sie dienen.
Wer die Macht hat,
Ist bewußt und lebt in Ewigkeit.
Wer das Höhere in sich trägt,
Darf nicht nach niederem
Gesetz gerichtet werden.
So sei es:
Jedem das Seine!
Warum schrieb ich damals, die Pflicht der Mächtigen sei heilig? Nun, weil ihr Tun die Menschenseelen prüft und die Geprüften ins Heil (Heiligkeit, Sündlosigkeit) führen soll. Wo der Mensch ohne Sünde ist, wird er nicht geprüft, aber die Sünde führt zu äußeren Ereignissen, die als Prüfung gedeutet werden müssen. Und „Pflicht“ nannte ich das Tun der Mächtigen, weil sie tun müssen, was sie tun, denn sie haben ihrer Sünden wegen keinen freien Willen.
Die Mächtigen stiften das Chaos unter den Menschen, weil es – so haben es die Soziologen erforscht – ihrem Machterhalt dient, aber in Wahrheit prägen sie der Umwelt ihr desaströses Bewusstsein auf. Ihre Macht ist nicht echt, denn sie wurde mit Geld gekauft. Gekaufte Macht ist Korruption. Deshalb wird ihr Imperium korrumpieren, korrodieren, zerfallen.
Macht ist ein hoch organisiertes System. Man fragt sich, warum sie in der Welt stets Chaos säen. Es Unterschiedes wegen: Sich selber möglichst in Ordnung halten, und den Feind (das Volk) schwächen, ins Chaos stürzen! Macht der „Elite“ durch Ohnmacht des Volkes! Eine Spirale nach unten wird eingeleitet. Indem man dem Volk den Materialismus lehrt, erzeugt man das größte Durcheinander, zuerst im Volk, dann in sich selbst, denn Materie ist das Produkt der „isolierten Betrachtung“, des Abtrennens des Gegenstandes vom Ganzen.
Jesaja 9,15: „Denn die Leiter dieses Volkes sind Verführer, und die sich leiten lassen, sind verloren.“
Führer sind jene, die zur Wahrheit führen; Verführer sind jene, die zur Sünde, zur Unwissenheit führen. Hosea 4,3, 4,6, 6,6. Das Volk stirbt aus Mangel an Erkenntnis, weil es mit Rezeptewissen gefüttert wird und nicht mit Weisheit.
Verantwortlich sind die Mächtigen. Fragt sich, ob ihre Lügen ihre eigenen Seelen vergiften oder nicht. Die Antwort ist bereits gegeben, denn sie müssen tun, was sie tun, weil sie ihrer „Ratio“, ihrem Verstand, folgen und nicht der Vernunft. Ihre „Entscheidungen“ fußen auf falschen „Erfahrungen“. Wären die Mächtigen echt, wäre ihr Reich „nicht von dieser Welt“.
Die Mächtigen sägen den Ast, auf dem sie sitzen, ab, denn sie unterminieren die wahre Macht, die im zweitletzten Vers beschrieben ist. Sie unterminieren ihre Verbindung zum Geist, zu Gott, verlieren ihre Weisheit und müssen stattdessen weltliche Erfahrungen sammeln und wissenschaftlich auswerten und sehr viel arbeiten, um ihre Ziele doch noch zu erreichen.
Aber während sie an der Verwirklichung ihrer Utopie arbeiten, entwickelt diese sich zur Dystopie, zum Albtraum. Die Umwelt „verschwört“ sich gegen die weltlich Mächtigen, die keinen Zusammenhang der Entwicklungen der Umwelt und ihrer Ethik erkennen können. Die Umwelt ist ein Spiegel ihres schrumpfendes Bewusstseins. Es schrumpft, weil es Sünden anhäuft, denn sie glauben, was sie sehen, sind Materialisten. Wären sie keine Materialisten, würden sie nicht so viel Materie um sich anhäufen: Ländereien, Villen, Yachten, Autos, Flugzeuge u.s.w.; Eigentum wäre ihnen unwichtig.
In Goethes Gedicht „Zauberlehrling“ ist diese Abwärtsspirale, in die sich die falschen Mächtigen, begeben, beschrieben.
Christian Ueckerwar er selbst nicht Teil dieser falschen Mächtigen?
Hans-Joachim HeyerIch sehe in ihm beides: Er ging mit den falschen Mächtigen, aber er hatte immer auch seine Verbindung mit dem Geist aufrechterhalten. An den „Gesprächen mit Eckermann“ kann man sehen, wie er sich seinen eigenen Kosmos aufgebaut hat. Das nenne ich durchaus „wahres Denken“.
Auch mit seiner subjektbezogenen Farbenlehre wehrte er sich gegen Newtons materialistischer, wissenschaftlichen Farbenlehre. Sie war nicht wirklich subjektiv, aber er war m.E. auf der Suche nach dem subjektiven Zugang. Er konnte wohl nicht wissen, dass die Farben erst in der Sehrinde als Interpretationen entstehen, und dass die wahren „Farben“ im Geist ihren Ursprung haben.