Hans-Joachim Heyer

Erinnerungen und Wissen

Ein wenig beneidete ich Leute, die sich an frühere Leben erinnern. Im Zuge meiner Recherchen gewann ich die Überzeugung, dass nicht alle, die sich an frühere Leben erinnerten, Lügner waren; es gibt glaubwürdige Zeugen. Vor fast 35 Jahren sagte mir jemand, ich sähe dem Philosophen Immanuel Kant täuschend ähnlich. Diese Vorstellung gefiel mir sehr, zumal ich Kants Philosophie sehr schätz(t)e und sogar weiterentwickelt hatte (was sein „Ding an sich“ betrifft. Das allerdings hatte das auch Schopenhauer schon getan.) Trotzdem musste ich mir eingestehen, über keinerlei Erinnerung zu haben. Ich kann denken wie Kant, weil meine Philosophie der seinen ähnlich ist, aber was habe ich mit Kant als Person zu tun?

Vor einigen Tagen schrieb ich, dass ich mit allen Menschen, die ein ähnliches Bewusstsein haben wie ich, unmittelbar (!) verbunden sei. Was ich denke, denken auch sie; was sie denken, denke auch ich – und zwar über die Begrenzungen von Raum und Zeit hinweg. Bei diesem Denken handelt es sich freilich NICHT um „empirisches Denken“, sondern um intuitives „Weisheitsdenken“, um spirituelle, stets kreative „Einfälle“.

Meine Philosophie, die sich mir fast täglich weiter offenbart, sagt mir nun, dass es auf Erinnerungen an frühere Leben gar nicht ankomme; sie seien sogar eher „Unfälle“ bei der Reinkarnation. MEIN FALL sei der normale, ja, der bessere. Alles Wissen, und hierzu zählen Erinnerungen, sollen transzendiert, also in zeitlose Weisheit umgewandelt werden. Wem das gelingt, erinnert sich nicht an frühere Leben, sondern erbt ausschließlich die Essenz, die Weisheit, also die Philosophie. Das ist wahr, aber das heißt NICHT, dass ich mit der Person Kant etwas zu tun habe, wohl aber mit seiner Philosophie.

Gleiche Geister bauen sich eine gemeinsame Welt. Von hier aus gesehen ist sie rein geistig, eine schopenhauerische „Welt als Wille“. Diese Welt wird jedoch materiell („Welt als Vorstellung“), sobald man hier leiblich gestorben ist und in die andere Welt inkarniert ist.

Menschen, die sich an frühere Leben erinnern, wissen, dass sie genaugenommen unsterblich sind, unabhängig davon, ob sie sich an nur EIN Vorleben erinnern oder an viele. Und wenn man das WISSEN – also die rechte Philosophie – hat, braucht man GAR KEINE Erinnerungen. Wie ich!

Echtes Wissen ist etwas Magisches. Wenn ich WEISS, dass ich ein sterblicher Mensch, bestehend aus toten Atomen, bin, bin ich zum kurzen Leben Sterblicher verdammt. Die Seele der Sterblichen, also der Materialisten, ist unbewusst. Sie existiert in der geistigen Ebene NICHT, da sie im geistigen Universum nichts Eigenes umfängt.

Wenn ich jedoch WEISS, dass ich eine Seele bin, ist dieses Wissen Teil des Selbstbewusstseins dieser Seele. Eine bewusste Seele hat sich im geistigen Universum eine Art Membran geschaffen, eine Grenze zwischen Innen und Außen und ist damit ewig existent.

Da ich das WEISS, bin ich es. Die materielle Außenwelt, die die Materialisten mit der Realität verwechseln, ist für mich eine interne Konstruktion meiner geistigen „Sehrinde“, und dieses Konstruieren hängt ab von meiner realen Philosophie, also der Philosophie, an die ich wirklich glaube, und die durch diesen „wirklichen Glauben“ meine Realität ist, ab.