Hans-Joachim Heyer

„Irgendwie dabei“ … (12)

… schrieb ich im letzten Aufsatz. Ich möchte diese Aussage präzisieren, nachdem ich Jesaja 25,4 gelesen habe, denn dort heißt es: „Du bist der Geringen Stärke; der Armen Stärke in Trübsal…, eine Zuflucht vor der Hitze, wenn die Tyrannen wüten … und er wird die Hüllen über den Völkern wegnehmen … den Tod verschlingen … usw..

Es ist ein Unterschied, ob man einen Vers intellektuell versteht oder ob man die Wahrheit einer Aussage ERLEBT.

Wieso stärkt Gott die Geringen und Armen? – Nun, wir sehen doch, dass es für Wahrheitssucher keinen Job gibt in dieser Welt. Mit Wahrheit kann man keinen Cent verdienen. Wer sein EGO überwindet, unterliegt im Gerangel um Posten und Pöstchen, verliert den Kampf ums Brot. Und den Tyrannen kümmern sich nicht um jene, die des geistigen Gewinnes wegen arm geblieben sind. Gott sei gedankt!

Die Tyrannen bauen wie der biblische Nimrod mit einem Millionenheer von Sklaven ihre Reiche. Sie organisieren sich; sie entwickeln eine Hierarchie der Macht und des (begrenzten) Wissens, symbolisiert durch eine Pyramide; sie setzen (begrenzte) Ressourcen ein und führen blutige Kriege, um ihre zerbrechlichen Systeme aufzubauen und zu erhalten. Sie kämpfen gegen den Verfall, gegen die Zeit. Ihr Leben ist Mühsal und am Ende steht der Tod.

Wenn man aber mit Gott geht und sein Bewusstsein zum Gottesbewusstsein entwickelt, ist die Arbeit, die man tut, eine ganz andere. Der Wahrheitssucher entdeckt die Anomalien der Welt, und indem er diese aufklärt, erkennt er den Geist hinter den materiellen Erscheinungen. Er findet Gott und hat Teil an seiner Kraft.

Das Wissen der Wahrheit ist nicht hierarchisch; jeder kann es haben. Diese geistige Arbeit ist keine Mühsal, sondern eine Lust. Und man muss nicht Stein auf Stein setzen, um ein Haus, eine Stadt oder ein Reich zu bauen; es reicht die reine (egolose) Vorstellungskraft.

Die geistige Struktur der eigenen Seele, die die Wahrheit ergriffen hat, bzw. von Gott, der Wahrheit ist, ergriffen wurde, trägt den „Willen“ in sich, sich in der niederen materiellen Dimension zu manifestieren. Die Heiligen der Welt sind die Heilenden der Welt. Sie behüten langfristig das Leben auf der Erde, aber die Tyrannen versuchen, dieses Werk der Wahrheit und Harmonie zu zerstören. Mit riesigem Aufwand generieren sie kurzfristige Erfolge, ringen dem Verfall kleine Siege ab, aber am Ende verlieren sie gegen die sanfte Macht der Kinder Gottes.

Deshalb wurde Jesaja nicht müde, den Untergang aller weltlichen Reiche zu prophezeien. Man kann sich gegen die Wahrheit auflehnen; man kann mit der Lüge eine Zeit lang Macht gewinnen und die Eroberten regieren, aber weltliche Macht kann ausschließlich durch die Erweckung von Gegenmächten erlangt werden, die letztendlich alles mühsam Erkämpfte wieder zerstören.
Die Zukunft aber gehört den Friedliebenden, denn nur sie bauen ohne zu zerstören; sie bauen, indem sie ein geistiges Idealbild vorstellen, und dieses hat, wenn es Gottes gefällt, die „magische“ Kraft, das Handeln der Menschen so zu leiten, dass sie eine wirklich wunderbare Welt bauen.