Hans-Joachim Heyer

Neue Wirtschaftstheorie: Zyklischer Inflationismus

17.12.2003

Die neue Wirtschaftstheorie heißt „Zyklischer Inflationismus“, da in diesem Begriffspaar die grundlegende vom herkömmlichen Kapitalismus (Debitismus) abweichende neue Idee beschrieben ist: Inflation als Werkzeug der Zinsbedienung und Zyklische Währungsreform zur Verhinderung der großen Zahlen, welche durch Inflation entstehen.

Die Ursache der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sind falsche „Spielregeln“ des Kapitalismus in Sachen „Zins“ und falsche Spielregeln der Politik in Sachen „Steuergesetz“.

1.) Zinsen: Stellen wir uns einen „Primitivkapitalismus“ in einem kleinen Dorf im afrikanischen Busch vor: In diesem Dorf lebten Bauern, Rinderzüchter, Handwerker, Jäger, Rundhüttenflechter, Eltern, Kinder und Alte. Solange die Gemeinschaft klein und übersichtlich war, funktionierte der geldlose Tauschhandel prächtig, doch ab einer bestimmten Größe dieses Dorfes und der damit verbunden größeren Arbeitsteilung wurde der Wertvergleich der vielen Waren und Dienstleistungen immer schwerer: Wieviel Sack Hirse bekommt der Jäger für ein erlegtes Gnu? Wieviele Pfeile muß der Pfeilschnitzer schnitzen, damit sein Haus mit neuen Palmblättern gedeckt wird? Damit es nicht zu Streitigkeiten kam, führte der Häuptling etwas Neues ein: Geld! Bei einer Reise ans ferne Meer fand er am Strand eines unbekannten Meeres wunderschöne Kaurimuscheln, von denen er ein paar Säcke voll in sein Heimatort zurückbrachte. Diese Muscheln beabsichtigte er als Mittel eines verbesserten Tauschhandels einzuführen.

Jedes Stammesmitglied bekam zum Start des Kapitalismus die gleiche Menge Muscheln. Nur der Häuptling – schlau wie er war – reservierte für sich die hundertfache Menge ( „Man gönnt sich ja sonst nichts!“) und gründete die erste „Muschelbank“. Der alte Tauschhandel versiegte langsam. Die zwischengeschaltete Muschelwährung bewährte sich: Der Jäger mußte beim Einkaufen nicht mehr fünf Gnus auf dem Buckel mit sich schleppen; 250 Muscheln ließen sich weit leichter transportieren.

Eines Tages brannte einem Bauern das Feld ab und vernichtete die gesamte Jahresernte. Da er im Dorf nicht gerade der Beliebteste war und keiner seine Familie ein Jahr lang mit versorgen wollte, ging er zum Häuptling und bat ihn um Rat. Er gab Rat und Muscheln: „Ich gebe dir 6000 Muscheln. Sie dürften für ein Jahr reichen. Nachdem du die Ernte eingefahren hast, zahlst du mir das Geld nach und nach zurück, aber eile, denn jedes Jahr mußt du 5 % zusätzlich zur Schuldentilgung bezahlen!“

Zeit ging ins Land. Da der Bauer Geld, aber keine Ware hatte, löste er eine kleine Inflation aus: Verteuerung der Waren. Erst durch das Zurückzahlen der Schulden an den Häuptling, ging die vom Bauern verursachte Inflation langsam wieder zurück, und nachdem er die Schulden getilgt und dann die Zinsschuld beglich, gab es eine leichte Deflation (Verbilligung der Waren) : Geld wurde dem Markt entzogen und landete im Sack des Häuptlings.

Nach und nach kamen neue Schuldner hinzu: Der Fischer brauchte ein neues Boot, ein Bauer kaufte wegen Familienzuwachses ein Grundstück. Der Häuptling lieh ihnen die nötigen Muscheln zum gewohnten Zinssatz von 5 %. Immer mehr Geld versammelte sich im Sack des Häuptlings; das Geld im Volk wurde knapp. Die Preise stiegen. Aber das konnte ja allen Beteiligen egal sein, denn die Löhne (Einnahmen, Preise) stiegen ebenfalls.

Da aufgrund der Darlehen viele Menschen Notsituationen wie Mißernten oder Unfälle überstehen konnten und bei Bedarf in eine gesicherte Zukunft investieren konnten (zB Landkauf oder Erwerb eines neuen Fischerbootes), vergrößerte sich die Bevölkerungszahl stetig, was wiederum die Waren verteuerte und bei einigen Menschen, zB kinderreichen Familien, Kranken und Alten, Armut erzeugte. Der Häuptling stellte fest, daß die Wirtschaft wuchs: es gab wesentlich mehr Waren, als früher. Also fand er es logisch, die Geldmenge zu erhöhen. Fragte sich nur wie. Er selber konnte jederzeit zum fernen Meer fahren und sich Muscheln besorgen. Das war nicht das Problem. Geld hatte er ohnehin genug! Was er wollte, war eine funktionierende Wirtschaft! Die Zinserhebung abzuschaffen kam nicht infrage, denn dann würde er erstens für seine Regierungsarbeit keine Gegenleistung erhalten, was ungerecht wäre, und zweitens würden die Schuldner nicht einsehen, sich mit der Rückzahlung zu beeilen: Er könnte bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten, ehe er sein Geld zurückbekäme. Also würde er Geld unter das Volk streuen müssen, aber so, daß keine Ungerechtigkeit beim Handel entsteht.

Es gab folgende Probleme:

1. Es hatte ein Dutzend Verwaltungsgehilfen eingestellt, die er bezahlen mußte, obwohl sie keine sichtbaren Güter produzierten: sie verbrauchten Waren, produzierten jedoch keine. Auch das verteuerte die Waren.
2. Ein neureicher Viehhändler machte Stimmung gegen ihn und wollte sich der kommenden Häuptlingswahl stellen! Sein Erfolg mußte verhindert werden.
3. Ein Brunnen und mehrere Straßen mußten gebaut werden, aber da diese öffentlichen Projekte keine Privatperson finanzieren wollte, mußte er in seine eigene Tasche greifen. Der Häuptling merkte allmählich, daß er zuweilen auch anders als Privatpersonen denken mußte. So führte er die Unterscheidung ein zwischen sich als Privatperson und sich als „Staatsmann“.
4. Es gab immer mehr Menschen, die aufgrund von Muschel-Armut aus seinem Muschelsystem herauszufallen drohten. Er wollte nicht, daß die Armen aus Geldmangel wieder zum Tauschhandel zurückkehrten oder verhungerten. Also würde er ihnen Geld schenken, um sie ans System zu koppeln. Da sich dann jedoch die Arbeitenden ob der Geschenke ungerecht behandelt fühlen würden – sie hatten sich an ein formalisiertes Wirtschaften gewöhnt und fanden nur noch dieses als gerecht – erließ er einige formale Gesetze: Kindergeldgesetz, Sozialfürsorgegesetz und für seine Gehilfen ein Beamtengesetz. Die Auszahlungen gestaltete er so, daß die Kaufkrafterhöhung gerade so hoch ausfiel, daß die Warenverteuerung gestoppt wurde. Die Sozialgesetze machten ihn beim Volk zudem so beliebt, daß der Viehhändler kaum eine Chance, gewählt zu werden, hatte.
5. Die Nachbarstämme bekam es es des Wohlstands des „großen Volkes“ wegen mit der Angst zu tun und bereiteten sich auf einen Krieg vor.

Dem Häuptling wurde klar, daß die Staatsausgaben steigen mußten. Aufgrund der hohen Bevölkerungszahl hatte er immer mehr Beamte einstellen müssen, die das Zusammenleben organisieren mußten. Da das Dorf zur Stadt herangewachsen war, mußten Brunnen, Straßen, Kanalisationen, Krankenhäuser gebaut und ein Justizapparat und eine starke Armee aufgebaut werden. Die damit verbundenen Staatsausgaben konnten von den Zinsgewinnen der Staatsbank nicht mehr bezahlt werden. Der Häuptling mußte ein neues Werkzeug einführen:

2.) Steuern: Zuerst Grundsätzliches: War es möglich, auf diesen ganzen Staatsapparat zu verzichten? War es möglich, ganz ohne die Hoheitsaufgaben auszukommen? Die Antwort lautete: Nein. Ohne den Staatsapparat könnten in diesem Tal, in dem sein Volk seit Jahrhunderten lebte, nur maximal 1000 Menschen ihr Auskommen finden. Da nun aber 100000 Menschen hier lebten, mußte der Organisationsgrad erhöht werden, und dazu war der Staat notwendig. Es gab also nur die Wahl zwischen dem Ausbau des Staates und der Reduktion der Bevölkerung. Hinzu kam die Erkenntnis des Häuptlings, daß das Bevölkerungswachstum einschließlich erzwungener Organisationszunahme die Menschheit auf ein höheres Niveau zu bringen schien. Da ging etwas vor sich! Es gab mit einemmal so etwas wie Fortschritt! Früher gab es über Jahrhunderte keine Entwicklung, als sei die Zeit noch nicht geboren, als sei die Zeit ein Kreis! Doch seit die Bevölkerung wuchs, war der Kreis aufgebrochen und mit dem Entstehen von Zeit kam der Fortschritt übers Land. Plötzlich stellte sich die Frage: Wohin geht das Volk?

Da die Staatsausgaben dem Gemeinwohl dienen sollten, sollten alle Bürger, die Geld verdienten, einen Teil ihres Gewinnes an den Staat abführen. Dieses Geld würde zur Steuerung der Gesellschaftsentwicklung benutzt. Aus diesem Grund nannte der Häuptling die Abgaben „Steuern“. Die Reichen sollten mehr als die Armen bezahlen. Hier bot sich die Prozentrechnung an: Jeder Bürger, der Geld verdient, muß 10% davon an den Staat zahlen. Konsequenz: Finanzämter mußten gegründet, Finanzbeamte eingestellt werden. Außerdem mußte ein Steuerfreibetrag eingeführt werden, denn Einkommen bis zu einer gewissen Armutsgrenze sollten gar nicht besteuert werden.

Das große Volk war inzwischen so groß und mächtig, daß die Nachbarvölker einen Krieg nicht wagten. Um gegen den mächtigen Gegner bestehen zu können, mußten sie sogar die Organisation des großen Volkes imitieren. Die Zeit der Staatsgründungen begann. Da jedes Volk über Fähigkeiten, Waren und/oder Rohstoffe verfügte, die auch von anderen Völkern begehrt waren, entstand über die Feindschaften hinweg ein „internationaler Handel“. Und als eines der Völker diesem Wirtschaftssystem beitrat, an dessen Strände in rauhen Mengen Kaurimuscheln herumlagen, mußte eine neue Währung eingeführt werden. Nennen wir sie „Euro“, denn langsam wird es Zeit, vom afrikanischen Busch in unser modernes Europa überzuwechseln.

Da die steigende Überbevölkerung immer höhere Organisationsgrade erzwang und diese wiederum immer mehr künstliche Produkte erforderte, deren Herstellung Rohstoffe und Energie bedurfte, gab es immer mehr Rohstoffkriege: Kriege um Erze, Kohle, Öl. Um diese Kriege finanzieren zu können, mußten die Steuern erheblich erhöht werden. Da klar war, daß der Staat mit der geschmeidigsten Organisation im großen Konkurrenzkampf siegen würde, mußte der Häuptling (er war genaugenommen schon der Urururenkel des Erstgenannten. Er nannte sich inzwischen Staatspräsident) es gut heißen, daß sogenannte „Investoren“ auftraten, die riesige Darlehen aufnahmen, um Riesenkonzerne auf Kosten der kleinen Handwerker zu gründen: Es entstanden Autofabriken, Waffenfabriken, Telefongesellschaften und dergleichen. Was wichtig war: Daß neue Erfindungen binnen kurzer Zeit massenindustriell umgesetzt wurden! Innerhalb weniger Jahre mußte eine neue Erfindung zu einer neuen Industrie mit zehntausenden von Arbeitern und Angestellten umgesetzt werden! Das erforderte gewaltige Kreditsummen – und deren Rückzahlung immense Zinslasten.

Zum Glück der Nation gab es ein Statistisches Bundesamt, welches sämtliche Gelder, die für Zinszahlungen aufgebracht wurden, zusammenzählte und hiermit ermittelte, wieviel Euro die Staatsbank hinzudrucken durfte. Dieses Bundesamt wurde gegründet eingedenk der simplen Überlegung des Gründervaters, daß es das Geld für die Zinsen nicht gibt, wenn es nicht gedruckt wird: Wenn ich innerhalb eines 2-Mann-Kapitalismus dem Partner 10 Euro gebe, kann er unmöglich 11 Euro zurückzahlen. Der 11. Euro muß also gedruckt werden.

Staatsschulden wie sie heute üblich sind – allein Deutschland hat über eine Billion Euro Schulden – gibt es in meinem Szenario nicht, weil der Staat das Geld für die Zinsen selber drucken darf. Der Staat könnte sich also mit der Rückzahlung der Schulden Zeit lassen. Da er jedoch jedes Jahr Unmengen neuen Geldes für die Zinsen druckt und in den Umlauf bringt, gibt es eine Geldschwemme, was die Waren teurer macht: Inflation. Das wäre aber auch nicht sonderlich schlimm, da man sich leicht ausrechnen kann, wie lange es dauert, bis sich alle Preise verzehnfacht haben und im Rahmen einer Währungsreform eine Null gestrichen werden kann. Aus 1000 Euro Schulden würden dann 100. Aber wie gesagt, kann in meinem Szenario der Staat gar keine Schulden machen. Bei wem denn? Bei einer Privatbank? Dann würde er ein Hoheitsrecht an einen Privatmann abgeben. Das bedeutete das Ende des Staates, denn wer Geld leiht, darf es nicht drucken. Inflation entsteht in meinem Szenario also nur durch Zinsen, nicht durch Staatsverschuldung.

Das größte Problem der heutigen Weltwirtschaft ist, daß die Konzerne so groß und mächtig geworden sind, daß sie sich nicht mehr an die Gesetze gebunden fühlen. Sie weigern sich, Steuern zu zahlen, und es gibt keine Macht, die sie zur Rechenschaft ziehen kann. Die Konzerne nutzen ihren Reichtum nicht mehr, um die Volksgemeinschaft zu fördern, sondern um ihre Machtkämpfe untereinander und gegen die Regierungen (Staaten) zu finanzieren. Damit zerstören sie das, was sie mächtig gemacht hat: ihre eigene Ursache. Sie zerstören das Netz, das sie selber am Leben erhält. Da sie keine Steuern mehr zahlen, zwingen sie den Staat, Geld bei ihnen zu leihen. Damit drehen sie das Verhältnis Staat zu Konzern um: Der Konzern wird zum Staat; der Staat wird zur maroden Privatfirma, der seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Und der neue Staat – die Großkonzerne – weigern sich, ihre Verantwortung für das Gemeinwohl zu tragen. Trügen sie die Verantwortung, bräuchten sie bloß ihre Steuern bezahlen. Was die Konzerne heute tun, ist versteckter Selbstmord.

Die Lösung: Es gibt zwei Möglichkeiten: Die Konzerne bleiben weiterhin in ihrem Glauben, sich nicht mehr an Spielregeln halten zu müssen. Dann gehen sie unter, weil sie das Geld – seiner Funktion enthoben – außer Kraft setzen. Geld hat nur solange einen Wert, wie sich alle an die Spielregeln halten. Die andere Möglichkeit ist, daß sie dazu beitragen, daß es keine Steuerparadiese mehr gibt. Schorsch Dabbelju Bush sollte lieber Steuerparadiesen den Krieg erklären, als den sogenannten „Terroristen“! Wer in gesetzlose Räume, in denen die Spielregeln des Staates nicht gelten, flüchtet, (oder wer die mögliche Flucht als Druckmittel nutzt, um in gesetzlich geregelten Räumen das Gesetz abzuschaffen) soll nicht mehr die Vorteile dieser Regeln genießen. Die Industrie muß sich bereit erklären, Wirtschaftsverbrechen zu bekämpfen, sonst ist sie selber Wirtschaftsverbrecher. Wir leben heute unter dem Fluch, daß wir von Wirtschaftsverbrechern regiert werden. Die eigentliche Regierung ist faktisch abgesetzt. Die Konzernbosse zerstören die Ordnung und stellen den Naturzustand – siehe Anfang der Geschichte – wieder her mit der Folge, daß die Überbevölkerung abgebaut werden muß: 90 % aller Menschen müssen dem Tod durch Krieg und Hunger zugeführt werden. Das ist die Alternative, die augenblicklich zugelassen wird, da die Großkonzerne sich weigern, sich an die Spielregeln des Spieles namens Kapitalismus zu halten. Sie überschätzen ihre Macht, denn sie werden sie verlieren, wenn sie die höhere Macht der Spielregeln nicht anerkennen.

Sie verhindern zudem, daß Konsequenzen aus einer gewaltigen gesellschaftlichen Umschichtung gezogen werden: Daß immer mehr Maschinen die Arbeit erledigen und Menschen aus der Mitgliedschaft des Systems in die Wildnis entlassen. Der Zweck der Maschinen liegt immer noch im Menschen, selbst dann, wenn der Mensch im Wirtschaftssystem nur noch als Verbraucher (Konsument) fungiert. Die Maschine ist sinnlos, wenn es keinen Menschen gibt, dem sie dient. Gegenwärtig ist es so, daß die Maschinen immer weniger Menschen dienen und immer mehr Menschen der Wildnis überlasssen. Fällt der Mensch als Konsument aus, wird auch keine Industrie mehr gebraucht, folglich auch kein Geld und die Reichen – wenn sie nicht gestorben sind – werden wieder arm und können mit dem traurigen Rest der wenigen Überlebenden wieder auf die Bäume zurückklettern.

wird fortgesetzt…

30.1.2004: Aus: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/eco/16514/1.html

Kreislaufkollaps

Norbert Rost 27.01.2004
Vom Geld, dem Blut der Wirtschaft, von den Gründen der Krise und von Komplementärwährungen

Die Krisensymptome der Weltwirtschaft treten immer deutlicher zutage. Der Erfolg der derzeitigen Reformansätze ist mehr als fraglich, da auf die systemimmanenten Widersprüche kaum eingegangen wird ( Geldknappheit im Kapital-Ismus). Droht der Weltwirtschaft ein Kreislaufkollaps?

Bei Hypotonikern, aber auch bei kreislaufgesunden Menschen kann es gelegentlich in zu einem plötzlichen Blutdruckabfall mit Mangeldurchblutung des Gehirns und vorübergehender Bewusstlosigkeit kommen (Kreislaufkollaps, orthostatische Synkope). Die mit dem Kreislaufkollaps einhergehende Bewusstlosigkeit führt zu einem Verlust der Muskelkontrolle und damit zum Umfallen, wodurch eine ausreichende Hirndurchblutung von selbst wiederhergestellt wird. Ein Aufrichten des kollabierten Patienten durch „Helfer“ wäre daher schädlich, im Gegenteil ist hier angezeigt, den Kopf tief zu lagern.
Kreislaufkollaps oder auch Ohnmacht

Unsere Wirtschaft ist ein System, das ähnlich dem Blutkreislauf eines Lebewesens funktioniert. Alles, was wir kaufen können, sind Leistungen anderer Menschen. Manche kaufen Leistungen, verarbeiten sie (fügen also eigene Leistung hinzu) und verkaufen sie weiter. „Transportiert“ werden diese Leistungen durch Geld – jedesmal wenn eine Leistung ihren Besitzer wechselt, wechselt Geld den Besitzer in die genau andere Richtung.

Jeder, der Geld bekommt, kann damit also eine Leistung eines anderen kaufen. Gibt man selbst Geld aus, so sichert man nicht nur den Job der Person, die an der Kasse steht, sondern man bringt ihren Boss dazu, selbst Leistung für sein Unternehmen gegen Geld eintauschen zu können. Das Geld, was beim Unternehmen ausgegeben wird, fließt also weiter und sichert weitere Jobs. Jeder, der einen Job hat, kann anderer Leute Leistungen eintauschen und sorgt so für ein Weiterfließen des Geldes, wo es irgendwann beim eigenen Unternehmen wieder ankommt und damit den Job des ursprünglichen Besitzer sichert.

Der 10-Euro-Schein eines Maurers kann an einem Tag zum Bäcker fließen, von wo aus er bei dessen Steuerberater landet. Dieser bezahlt seine Sekretärin, die damit zum Friseur geht. Der lässt grade sein Haus bauen, womit der Zehner wieder beim Maurer angelangt ist. Ein solcher Kreislauf wird durch ähnlich kleine Kreisläufe ergänzt, wobei es in einer Volkswirtschaft auch sehr große Kreisläufe geben kann, bei denen der Schein von Berlin nach Frankfurt, von da aus nach Barcelona, über Rom nach Paris und vielleicht irgendwann wieder nach Berlin fließt.

Geld ist das Blut der Wirtschaft

In einer idealen Wirtschaft sind alle Kreisläufe geschlossen, so dass alle Zellen ausreichend mit Nährstoffen (Leistungen anderer Menschen) versorgt werden können. Betrachtet man Wirtschaft als ein in sich geschlossenes System von Geldkreisläufen, so wird bei konstanter Menge an Geld in diesen Kreisläufen und bei einer konstanten Fließgeschwindigkeit dessen eine gleichbleibende Wirtschaftsleistung (Summe aller getauschten Leistungen) erreicht. In dem Fall sorgt also ein „konstanter Blutdruck“ für ausreichende Versorgung jeder einzelnen Wirtschaftszelle.

Würde eine gleichbleibende Menge an Geld in diesem Kreislauf schneller fließen, so würde sich der Blutdruck und damit die Wirtschaftsleistung erhöhen. Würde bei konstanter Fließgeschwindigkeit die Menge des Geldes erhöht werden, erhöht sich ebenfalls die Gesamtleistung des Systems.

Leiten einzelne Wirtschaftszellen die erhaltenen Gelder nicht weiter, sondern entziehen sie diese dem Kreislauf, so wird auf diesem Weg die aktive Menge zirkulierenden Geldes verringert. Wird nicht zugleich die Fließgeschwindigkeit durch jeden einzelnen Wirtschaftsteilnehmer erhöht, so muss konsequenterweise die Gesamtleistung des Systems kleiner werden.

Einzelne Zellen leiden besonders unter dem Druckabfall, da ihnen weniger Geld zufließt und sie deshalb weniger Leistungen erhalten – aber zugleich auch weniger Leistung für das Gesamtsystem erbringen dürfen. Sie sind unter Umständen gezwungen, den mangelnden Zufluss an Geld dadurch auszugleichen, indem sie anderer Leute Geld borgen. Verständlicherweise sind nur wenige Wirtschaftsteilnehmer bereit, Geld ohne Gegenleistung aus der Hand zu geben, weshalb es auf diesem Wege zu einem inzwischen gesellschaftlich akzeptierten Ausgleich für den Geldverleih kommt: Dem Zins.

Wir können also feststellen: Durch den Entzug von Geld aus dem Geld-Güter-Kreislauf unserer Wirtschaft wird das Gesamtsystem geschädigt. Gleichzeitig wird diese Schädigung jedoch belohnt, da es sich durch die Unterversorgung einzelner Wirtschaftsteilnehmer plötzlich lohnt, Geld zu sparen und gegen Zins zu verleihen. Durch diesen Mechanismus wird also gesellschaftlich schädigendes Verhalten belohnt.

Ein weiterer Effekt ist, dass gerade jene Wirtschaftsteilnehmer, die bereits in der Lage waren Geld zu sparen, zusätzliche Geld-Zuflüsse durch Zinsen (also Kapitaleinnahmen) erhalten. Es entwickeln sich somit Geldsammelstellen, die immer größer werden. Je größer diese Geldsammelstellen („Blutergüsse“/“Hämatome“) werden, umso größer ist der Druckabfall im Wirtschaftskreislauf. Die Zentralbanken schieben deshalb ständig „frisches Geld“ in den Kreislauf, um einem Druckabfall vorzubeugen.

Zunehmende Diskrepanz

Je länger solch ein Kreislauf läuft, umso größer werden die bei den Geld sammelnden Stellen angehäuften Geldmengen bzw. die durch diese Geldsammelstellen verborgten Gelder. Den Geldsammelstellen fließt somit immer mehr Geld durch Zinszahlungen zu, was jedoch den Druck im Gesamtsystem ständig verringert, wenn nicht zugleich immer wieder frisches Geld durch die Banken ins System geführt werden. Die Diskrepanz wird immer größer: Immer mehr verschuldetet Wirtschaftsteilnehmer stehen immer größeren Vermögensbesitzern gegenüber. Es wird für die Geldsammler somit immer schwieriger, solvente Kunden zu finden, die ihre Schulden samt Zinsen auch wirklich zurückzahlen können.

Im Laufe der Zeit entsteht so ein immer instabileres System, was den Geldfluss zunehmend ins Stocken geraten lässt. Mangelnde Zahlungsmoral ist ein untrügliches Zeichen, denn sie deutet darauf hin, dass jeder Wirtschaftsteilnehmer vorsichtig mit seinen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umgehen muss. Während die Geldsammler also immer mehr erhalten, verschuldet sich die Wirtschaft bei ihnen immer mehr und leitet immer mehr Geld, was eigentlich zum Austausch der Leistungen untereinander gedacht war, leistungslos zu den Geldsammelstellen um.

Immer mehr aus einzelnen Zellen bestehende Konglomerate („Unternehmen“) können aus Geldmangel die Leistung der Angestellten nicht mehr in Anspruch nehmen und entlassen diese. Arbeitslosigkeit entsteht, die zugleich potentielle Leistung für das Gesamtsystem ausgrenzt, zugleich die Last, diese „unproduktiven“ Zellen weiterhin zu versorgen auf immer weniger leistende Zellen verteilt. Arbeitslosigkeit aufgrund schlechter Durchblutung belastet also das Gesamtsystem zusätzlich.

Jede dieser Entwicklungen ist prozyklisch, verstärkt also das Problem mangelhafter Durchblutung. In unserer heutigen Wirtschaft gibt es keinerlei Instrumente, die dieser Entwicklung gegenwirken, die also antizyklisch wirken.

Auf lange Sicht gesehen, ergibt sich aufgrund immer weiteren Blutdruckabfalls und daraus folgendem Leistungsabfall des Gesamtsystems (dessen Entwicklung sich selbst beschleunigt = positive Rückkopplung) also nur eine Konsequenz: Kreislaufkollaps.

Folgen des Kreislaufkollaps

Dieser Kreislaufkollaps resultiert daher, dass die Geldsammler nicht mehr bereit sind, ihr Angesammeltes gegen billigen Zins herauszurücken. Das Risiko des Verlustes ist durch die instabile Situation des Gesamtsystems zu hoch, weshalb der Preis – also die Zinsen – steigen. Dieser Anstieg verschärft die Situation jedoch weiter, da auf diesem Wege die Geschwindigkeit, mit der Geld aus dem Kreislauf zu den überfüllten Geldsammelstellen fließt noch erhöht wird.

Irgendwann fehlt überall das Geld, während der Reichtum sich bei einigen wenigen anhäuft, die ihre dadurch vorhandene Macht natürlich dazu nutzen, das Gesamtsystem zu ihren Gunsten zu manipulieren. Es ist deshalb kein Zufall, dass besonders die großen Unternehmen im Auftrag ihrer geldsammelnden Besitzer über den (beschönigend) „Lobbyismus“ genannten Umweg Einfluss auf die parlamentarische Demokratie ausüben.

Da Geld jedoch selbst nicht essbar ist, sondern nur einen Anspruch auf die im System erstellten Leistungen darstellt, erhöht sich die Diskrepanz zwischen den real vorhandenen Leistungen (Gütern) und den (als Geld) angehäuften Ansprüchen auf diese Leistungen immer weiter: Eine Art Bilanzfälschung im volkswirtschaftlichen Maßstab. De facto hat das angehäufte Geld keinen Wert mehr. Solange jedoch das Geld auf dem Markt nicht aktiv ist, wird die „Bilanzfälschung“ nicht erkennbar. Erst wenn es zu einem Vertrauensverlust in das System kommt und alle ihre angehäuften Ansprüche in Sachgüter retten wollen wird der Fehler offenbar. Den Geldströmen stehen keine ausreichenden Leistungen auf dem Markt entgegen.

Der plötzliche Überdruck an Geld im Geld-Güter-Kreislauf, der nicht so schnell in Leistungen umgesetzt werden kann, da die Unternehmensstrukturen in der vorherigen Zirkulationskrise abgebaut wurden, sucht sich ein Ventil und findet es in den Preisen. Die daraus folgende Preisexplosion ist als Inflation bekannt und kann je nach dem Verhältnis zwischen angehäuftem Geld auf der einen und verkäuflichen Leistungen auf der anderen Seite in einer Hyperinflation enden.

Je größer die Geld-Güter-Kreisläufe sind, umso mehr Wirtschaftszellen sind von einem solchen Kollaps betroffen. Der Kreislauf des Dollars ist heute global anzusiedeln mit der USA als Zentrum. Der zweitgrößte Geldkreislauf findet sich mit dem Euro-System in Europa. Beide Geldkreisläufe haben bereits starke Durchblutungsprobleme, das Abwürgen einer größeren Ader (z.B. durch eine Bankpleite) kann das gesamte System aufgrund seiner massiven Vernetzung und der Abhängigkeit der einzelnen Zellen untereinander zu einem Kreislaufkollaps führen.

Die Ursache des Problems ist, wie gezeigt, nicht die Existenz des Zinses. Dieser ergibt sich aus dem Druckabfall durch den Geldentzug aus dem Kreislauf und verschärft die Krise auf Dauer exponentiell. Die Ursache besteht darin, Geld beliebig dem Kreislauf entziehen zu können und damit den Druckabfall erst auszulösen, der daraufhin eine negative Kettenreaktion im System nach sich zieht.

Für dieses Problem bieten die neoliberalen Wirtschaftsreformer keinerlei Lösungsmöglichkeit, sie verschärfen die entstehenden Krisen durch die Umverteilung von Arm zu Reich nur noch. Viele Marxisten bezweifeln bislang die Existenz eines Problems in der sogenannten „Zirkulationsphäre“ und halten deshalb die Suche nach einer Lösung des Problems für eine „verkürzte Kapitalismuskritik“.

Strafe statt Belohnung!

Wie gezeigt belohnt unser heutiges Geld-Kreislaufsystem durch leistungslose Einkommen (Zinsen) all jene, die durch ihr Verhalten die Krise erst hervorbringen. Durch den Zins wird das dem Kreislauf entzogene Geld wieder hineingespült. Er ist somit eine Belohnung gesellschaftlich schädigenden Verhaltens. Man stelle sich vor, man würde wie Michael Douglas in „Falling Down“ seinen Wagen mitten auf der Straße abstellen und den fließenden Verkehr blockieren. Die Straßenverkehrsordnung belohnt solches Verhalten jedoch nicht, sie bestraft es. Nach genau diesem Muster könnte eine Bestrafung jener passieren, die die Fehler in unserem Wirtschaftssystem ausnutzen. …

Mein Kommentar: Diese Analyse stimmt mit der meinen überein. Allerdings sehe ich eine Lösungsmöglichkeit: Den Geldsammlern muß das Geld zum Teil weggenommen werden, damit es wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden kann und das System stabil bleibt, was auch im Interesse der Superreichen sein dürfte. Die Vermögenssteuer muß her!

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