Hans-Joachim Heyer

Sloterdijks „Höheres Selbst“

Peter Sloderdijk beschreibt ab Seite 362 gewisse „Einsamkeitstechniken“, und hierzu zählt auch die sogenannte „Selbstverdoppelung“, die Thomas Macho in einer „aufsehenerregenden“ Vorlesungsreihe an der Humboldtuniversität Berlin im Wintersemester 1995/96 zum Besten gegeben hatte.

Auf Seite 363 wird ziemlich genau beschrieben, wie ich mein Höheres Selbst entdeckt habe und seitdem mit ihm kommuniziere.

Sloterdijk erklärt, dass ein einsamer Sucher nach dem Höheren, der „Kontemplant“, sich selbst zum eineiigen Zwilling verdoppelt, um einen Gesprächspartner zu simulieren. Dabei darf die Verdoppelung allerdings nicht symmetrisch sein, denn das niedere Ich will ja das höhere Ich zum überlegenen Partner, einem Genius oder Engel, haben, der ständig – rund um die Uhr – für ihn, das niedere Ich, da ist und in das „höhere Leben“ einweiht.

Was ich als geistige Entdeckung sehe, psychologisiert Sloterdijk. Selbstverständlich ist für Sloterdijk diese Selbstverdoppelung nur einer von Tausenden Irrwegen, auf die jene Menschen, die dem Mainstream entsteigen wollen, geraten sind. Meine Hoffnung, Sloterdijk möge am Ende doch noch den Geist finden, schwindet langsam. Aber ich habe ja erst etwas mehr als die Hälfte seines Buches „Du mußt dein Leben ändern“ gelesen. Es könnte noch was kommen!

Mein „asymmetrisches höheres Selbst“ ist keine psychopathische Hirnakrobatik, sondern die Konsequenz dessen, dass das reale Universum mehr Dimensionen aufweist, als die dreidimensionale Konstruktion der Sehrinde. Die ungefälschte Quantenphysik beweist dies. Die höheren Dimensionen sind genau das, was Sloterdijk als seine gesuchte Vertikale bezeichnet: eine Dimension nach oben. Meine „Vertikalspannung“ ist echt.

Beim Lesen dieser Seite musste ich an meine eigenen Studien an der Gutenberguniversität Mainz denken, als ich den „Radikalen Konstruktivismus“ studierte. Begeistert vom Buch Francisco Varelas und Humberto Maturanas schrieb ich den allerersten Artikel über den „Radikalen Konstruktivismus“ im noch jungen Internetlexikon „Wikipedia“, allerdings nicht ohne meine harsche Kritik, die besagte, dass diese beiden Männer zwar sehr gut erklärt haben, dass das Gehirn mangels direkten Kontaktes mit der realen Außenwelt ausschließlich aus dem „Klick-Klick“ der Sinnesdaten „die Welt“ in der Sehrinde konstruiere, dann aber den „Klopper“ fabrizierten, dieses Konstrukt befände sich ausschließlich im materiellen Gehirn und dieses befände sich in der materiellen Außenwelt , die ganz klassisch nach den Regeln der Physik funktioniere. (Wikipedia ersetzte den Artikel nach einigen Monaten durch einen neuen  – freilich ohne meine Krtik).

Maturana und Varela hatten ihren Konstruktivismus in den Materialismus eingebettet und damit zunichtegemacht, ohne es zu merken! Woher diese Herren ihr Wissen von der materiellen Welt denn haben, konnten sie nicht verraten; sie hatten ja nur ihr Konstrukt!!! Stillschweigend hatten sie die Welt verdoppelt: einmal als unhinterfragte externe, materielle Außenwelt (Naiver Realismus) und einmal als virtuelles Konstrukt neuronaler Zellverbände, wobei diese Verdoppelung nicht symmetrisch, sondern asymmetrisch sei, denn die externe Außenwelt sei ja viel komplexer, als die virtuelle Außenwelt in der Sehrinde.

Ist dir die Parallele zum Eingangstext aufgefallen?

Die neuronalen Zellverbände selbst sind auch bereits eine materialistische Interpretation. Ich hatte damals schon den Fehler erkannt und den Geist an die Stelle der Neuronen gesetzt und konnte indirekt viel über die Funktionsweise des Geistes lernen. Mein  Referat kam gut an, aber sobald ich es beendet hatte, fielen alle – Studenten und der Professor – in die Interpretation zurück, die ich soeben als falsch entlarvt hatte, als hätte mein Referat nicht stattgefunden. Spannend!

Heute weiß ich, dass Maturana und Varela mit ihrer Philosophie niemals ihr tägliches Brot hätten verdienen können, wenn sie ihre große Lüge nicht in ihr System eingebaut hätten. Die Wächter der Realität hätten/haben es verhindert. Wie bei Sloterdijk?? – Ich bin gespannt!

Für Sloterdijk ist das Höhere Selbst wohl auch nur eine Illusion, was die niederschmetternde Erkenntnis impliziert, dass es keine Vertikale gibt, die uns der „Flacherde“ entheben könnte. Ich hoffe, er bleibt nicht bei seiner unausgesprochenen Behauptung, alles Höhere sei Illusion; nur das Niedere sei real. Das wäre Materialismus, die reine Sklavenphilosophie.