Hans-Joachim Heyer

Wohlwollen oder Abwehr (10)

Am 7.8. veröffentlichte ich eine Diskussion über einen ARTE-Film. Ist dir aufgefallen, dass die Kritiker meines in ihrem Forum veröffentlichten Essays diesen nicht neutral oder wohlwollend, sondern von vorneherein ablehnend kritisierten und dass ihre Argumente nicht aus ihnen, sondern aus angelerntem Fremdwissen stammen? Ich meine ihre Grundhaltung, die von Anfang an GEGEN mich gerichtet ist. Mit anderen Worten: Mein Aufsatz steht im Widerspruch zu ihrer (von ihnen) nichthinterfragbaren PRÄGUNG. Nicht dass mich das stören würde – ich kenne diese Leute nicht und werde sie auch nie kennenlernen – aber ich habe inzwischen viele Erfahrungen mit den Menschen gemacht und habe gelernt, dass es absolut nicht lohnt, mit Leuten, die eine ablehnende Grundhaltung zeigen, zu diskutieren. Es ist unmöglich, sie zu überzeugen. Aus diesem Grund habe ich auch meine Entgegnung gar nicht erst auf deren Forum veröffentlicht. Es ist völlig sinnlos.Ich habe es trotzdem getan, weil ich hoffe, dort auf grundsätzlich wohlwollend eingestellte „stille Mitleser“ zu treffen, die sich zwar noch nicht trauen, sich zu äußern, die jedoch neugierig geworden sind und weiterforschen. Ich bin ständig auf der Suche nach Leuten, deren PRÄGUNG noch nicht abgeschlossen ist.Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die eine neutrale oder wohlwollende Grundhaltung oder besser: keine abgeschlossene PRÄGUNG, haben. Sie können durchaus völlig anderer Meinung sein und diese auch hart argumentieren; es ist aber trotzdem eine Diskussion mit Erkenntnisgewinn möglich. Der Philosophieprofessor, den ich schon öfter zitiert habe, sagte einmal in seiner (von mir) vielgerühmten „schwachen Stunde“, die Studenten sollten die Zeit, „auf Augenhöhe“ mit andern diskutieren zu können, nutzen, denn er, der Professor, könne dies nicht mehr! Ihm stehe sein höherer offizieller Rang im Wege; sein Wort habe bei den Studenten stets zu viel Gewicht – und bei Ranghöheren zu wenig. Das war natürlich auch ein Hieb gegen Jürgen Habermas, der tatsächlich lehrt, es könne Diskussionen zwischen Studenten und Professoren „auf Augenhöhe“ geben. Aber Habermas habe ich längst als den „Weltmeister des Irrtums“ entlarvt. Sitze ich hier in derselben Falle wie die ablehnenden Kritiker? Bin ich nicht auch Habermas gegenüber ablehend? Teilweise ja. Ich weiß das. Aber ich gebe ihm immer wieder eine Chance, mich eines Andern zu belehren, aber es hilft nicht: er schreibt immer nur Unsinn. Apropos Unsinn: Der Professor mit der „schwachen Stunde“, in der er locker etliche „Geheimnisse“ ausplauderte (und was ihn für mich zum wichtigsten Professor meiner Studienzeit machte), sagte (sinngemäß), man sei erst „dann ein hervorragender Student, wenn man erkenne, dass die Professoren allesamt Unsinn erzählen“. Damals erkannte ich noch nicht das volle Ausmaß der Richtigkeit dieses Satzes, aber immerhin konnte ich ihn damals schon bestätigen. Mit Ausnahme der „schwachen Stunde“, in welcher er auch in den Raum stellte, wir sollten nicht glauben, gemeinsam in einem Hörsaal zu sitzen, sondern wir liefen alle nur in unseren Sehrinden herum, und was hier scheinbar gemeinsam sitze, seien bloß AVATARE unserer Selbste. Er formulierte das als Frage, aber es war klar, dass er genau das glaubte. Seine schwache Stunde war in Wahrheit seine starke Stunde! Leider gab es nebst dieser schwachen Stunde kaum weitere. Seine offizielle Lehre widersprach dem hier Gesagten diametral. Diese Halsstarrigkeit erlebe ich nicht nur bei Atheisten und Materialisten, sondern leider auch bei Christen. Die mitleiderregendste Halsstarrigkeit ist die, dass sie so sehr auf die Bibel fixiert sind, dass sie es nicht zulassen können, das HEILIGE WORT in ihnen lebendig werden zu lassen. Käme der HErr zu ihnen ins Haus und sagte etwas, das nicht wörtlich in der Bibel steht; sie würden ihn ablehnen! Selbstverständlich würde Jesus heute über die Relativitätstheorie, über den Materialismus, über Avatare, über Hirnforschung und Kosmologie reden! Warum haben so viele Christen ANGST, das WORT lebendig werden zu lassen?Gestern sah ich im ZDF nach den Nachrichten ein „Sommerinterview“ von Theo Koll mit dem 2. Vorsitzenden der AfD. Von Anfang an war klar, dass Koll dem AfDler kein grundsätzliches Wohlwollen entgegenbrachte, sondern ihn gezielt in die Pfanne hauen wollte. Bei dieser Art Interview ist von vorneherein ausgeschlossen, dass Argumente auch nur das geringste Gewicht haben. Es geht mir in diesem Artikel darum, dass man seine PRÄGUNGEN erkennt, und dass man nicht ihr Sklave wird. Auch ich bin geprägt! ABER: Ich habe mir meine Prägung selbst ausgesucht. Ich war vom Mainstream geprägt und habe diese Prägung gezielt zertrümmert und durch eine andere Prägung ersetzt. Aber meine neue Prägung ist mir nicht zum Gefängnis geworden! Meine biblische, christliche Prägung habe ich mir selbst zugelegt; bzw. ich habe sie mir vom lebendigen HErrn Jesus Christus nach „eigener Prüfung“freiwillig aufprägen lassen. „Die“ Realität änderte sich in meinem Sinn. Ich habe mich in einem Akt der Freiheit für die christliche Prägung entschieden. Ich würde meinen Kritikern aus dem o.g. Forum keinen Vorwurf machen, wenn auch sie ihre Prägung freiwillig angenommen hätten, aber genau DAS kann ich bei ihnen nicht erkennen.Zurück zu Theo Koll und dem AfDler. Wozu fand das Interview statt? Antwort: Dem Zuschauer wurde aufgeprägt, dass die Afd NICHT dazugehört. Wer seine eigene Prägung NICHT im Griff hat, übernimmt die Ablehnung der AfD unbewusst automatisch. Es kam Koll nicht auf Argumente an – da hätte er die schlechteren Karten! – sondern allein auf seine MACHT, zu prägen. Es ging Koll um Sklavenhaltung.Beile Ratut: Mit den Prägungen haben Sie gewiss grundsätzlich recht. Kann man aber irgendwann sagen, davon frei zu sein? Die Kirche warnt zu Recht vor der sogenannten „Prelest“. Der Mensch als Sünder macht sich gerne etwas vor. Er erkennt oftmals gar nicht, wie sehr er noch Sklave seiner Prägungen ist. Und gerade deshalb ist man Christ nicht, weil man selber etwas erkennt, versteht, glaubt, sondern weil man sich selbst verleugnet, sein Kreuz auf sich nimmt und Christus nachfolgt. Hans-Joachim Heyer: Deshalb schrieb ich auch: ich habe sie mir vom lebendigen HErrn Jesus Christus nach „eigener Prüfung“ freiwillig aufprägen lassen. Und da das mit der eigenen Prüfung so eine Sache ist, habe ich das auch in Anführungszeichen gesetzt.