Hans-Joachim Heyer

ZEN oder die Kunst des Bogenschießens (23)

Vor wenigen Tagen hatte ich über das Denken geschrieben und vor allem, was Denken NICHT ist. Ich erklärte, dass Denken nicht das ist, was man in Schule und Uni lernt, also dieses rationale NACH-Denken dessen, was man vom Lehrer gehört hat, sondern die „Antwort des Unbewussten“, an welchem man durch Wahrheitssuche gearbeitet hat. Das heißt, ich arbeite täglich an meiner Welt- und Selbstphilosophie, an meinem Weltbild, also daran, was ich WIRKLICH glaube. Ich prüfe jede Information, ob sie in mein Weltbild passt. Gelegentlich muss ich jedoch auch mein Weltbild ändern, wenn die Information unbedingt glaubwürdig ist und meinem Weltbild widerspricht oder es ergänzt.

Mit dieser Methode überwand ich die Fehler der Naturwissenschaften, der Universitätsphilosophie und -psychologie, sowie falsche Lehren modern(d)er Theologen und fand die Wahrheit der Bibel.

Soviel zur Vorgeschichte. Meine Frau und ich spielen seit einigen Jahren Snooker an einem Mini-Snookertisch von 140 x 70 cm für 70 Euro. Wir spielen mehr schlecht, als recht; wir kennen noch nicht alle Feinheiten der Spielregeln, aber was soll’s; wir spielen ja nur zum Spaß.

Vor einigen Tagen hatte ich eine neue Methode entdeckt, wie ich das präzise Anstoßen der Kugel besser lernen könnte. Ich führte also den Queue wie die Profis, denen ich bei Eurosport über die Schulter schaute, aber alles Zielen wie bei der Flinte über Kimme und Korn funktionierte nicht richtig.

Dann fiel mir ein, ich müsse meinem Unterbewusstsein die Möglichkeit geben, das richtige Zielen und Stoßen zu lernen. Ich legte also den Queue an, nahm die beiden Kugeln – die weiße und die Zielkugel – ins Visier und schwenkte den Queue leicht hin und her, und überließ es dem Gefühl, zu bestimmen, wann und wie stark ich die weiße Kugel abstoßen soll. Ich zielte nicht mehr bewusst, sondern überließ alles dem Unterbewusstsein.

Das Ergebnis war hervorragend! Mit einemmal wurde mein Spiel um Dimensionen besser. Mir fiel das Buch „Zen oder die Kunst des Bogenschießens“ ein, das ich vor Jahrzehnten möglicherweise gelesen oder über das ich zumindest eine Rezension gelesen hatte. Mir fielen auch sofort die Parallelen ein, die ich in meinem Artikel über das Denken geschrieben hatte.

Gestern sah ich die 2. Folge der 1. Staffel von Robin Hood bei Amazon prime. Dort sagte Hearn zu Robin Hood: „Act without thinking!“ oder so ähnlich. Diese Robin Hood – Serie soll einst im ZDF gelaufen sein. Das ZDF hatte den Film jedoch etwas gekürzt, aber Amazon zeigt die Vollversion. So kommt es, dass nebst deutscher Synchronisation einige Sequenzen englisch sind. Interessanterweise sind fast alle mystischen Szenen, die auf eine jenseitige Wirklichkeit hinweisen, englisch, also vom ZDF herausgeschnitten worden. Auch der für mich wichtigste Satz: „Act without thinking!“ Genau DAS ist ZEN!

Und meine neue Snookerspielmethode ist ZEN. Allerdings ist mit dem Imperativ „Nicht denken!“ genau das gemeint, was ich in meinem Aufsatz als wahres Denken beschrieb! Hearn meinte mit dem NICHTDENKEN durchaus, denkerisch an seiner Lebensphilosophie zu arbeiten und damit sozusagen sein Unterbewusstsein, seine Seele, zu erbauen und zu vervollkommnen, aber dann im konkreten Handeln auf dieses Unbewusste zu vertrauen, statt zu grübeln.

Mit anderen Worten: Wahres Denken liegt vor, wenn man an der richtigen Stelle rational „denkt“: nämlich NICHT, um ein konkretes Problem zu lösen, sondern ausschließlich zur allgemeinen Erbauung der Seele und der Lebensphilosophie, und wenn man dann ein konkretes Problem hat, NICHT zu denken, sondern der Intuition der Seele freien Lauf lässt.
Ergänzung: 

Ergänzend möchte ich erwähnen, dass mein morgendliches Schreiben auf dieselbe Weise erfolgt. Ich schreibe völlig ohne zu grübeln, was mir spontan (aus dem Unbewussten) einfällt, und beim Nachmittagsspaziergang denke ich rational über alles Mögliche nach. Diese rationalen Gedanken sinken ins Unbewusste, ändern dort gegebenenfalls die Lebensphilosophie, und aufgrund dieser Basis urteile ich dann später über das Tagesgeschehen.

Interessant dabei ist die Umkehrung der Worte >Denken< und >Bewusstsein<. Das sog. „Freud’sche Unbewusste“ nenne ich Bewusstsein und das sog. (rationale) Denken ist nur eine punktuelle, lineare Tätigkeit, die ich >falsches Denken< nenne.